The Beatles haben am 26. September 1969 ihre letzte Studioarbeit "Abbey Road" herausgebracht. 50 Jahre später erscheint am Freitag eine "Anniversary Edition" mit einem Remix und mit zahlreichen Outtakes. Die Deluxe Box enthält eine Blu-Ray Audio mit einem superben 5.1 bzw. Dolby Atmos Mix. Es sei "ein ziemliches gutes Album", hat George Harrison einst gemeint. Eine Untertreibung.

"Abbey Road" entstand in der Trennungsphase der Beatles, anschließend an das wenig harmonische Projekt "Get Back", bei dem die Band bei der Entstehung der gleichnamigen LP (die aber erst nach "Abbey Road" in den Handel kam) gefilmt wurde. "Let It Be" war nach diversen Streitigkeiten von Phil Spector fertigproduziert worden, für "Abbey Road" kehrte George Martin als den Aufnahmeprozess bestimmender Produzent zurück. "Das hat einen massiven Unterschied ausgemacht", betonte Toningenieur Glyn Jones, mittlerweile auch als Produzent eine Legende, in einem Interview mit dem britischen Musikmagazin "Mojo" (Oktober-Ausgabe).

"Wir hatten alle viel beizutragen", schreibt Paul McCartney im Vorwort des üppigen, bebilderten Booklets der "Anniversary Edition". John Lennon etwa brachte "Come Together" mit. George Harrison - "ein Spätzünder was das Komponieren betraf", so McCartney - steuerte zwei der schönsten Lieder bei, die er in seiner Karriere schreiben sollte, "Something" und "Here Comes The Sun", eines der drei meist gestreamten Lieder der Beatles. Von Ringo Starr stammte "Octopus's Garden" und Sir Paul selbst stellte sein Anfang 1968 in Indien begonnenes Stück "Maxwell's Silver Hammer" zur Verfügung.

Album mit zwei Akten

Für die zweite Seite - man sollte "Abbey Road" auch im Streaming-Zeitalter als Album mit zwei Akten hören, es lohnt sich - wurden mehrere unfertige Stücke zu einer Art Medley oder Suite zusammengefügt (aber nicht als ein solches bzw. eine solche gekennzeichnet). Diese Collage galt schon bei zeitgenössischen Kritikern als umstritten. Was nichts daran ändert, dass "Abbey Road" eines der beliebtesten und meist verkauften Alben der Fab Four ist, regelmäßig an Top-Positionen der besten Popplatten aller Zeiten gereiht.

Für den Remix haben Paul, Ringo, Yoko Ono und Harrisons Witwe Olivia wie schon bei "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" und dem "weißen Album" ("The Beatles") Giles Martin, den Sohn von George Martin, verpflichtet. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum irgendjemand Dinge aus der Vergangenheit remixt", hatte Toningenieur Jones gegenüber "Mojo" Unverständnis für das Projekt gezeigt. Zur Thematik sagte Martin im APA-Interview anlässlich der Neuauflage von "The Beatles": Es ging "nicht darum, Songs besser zum machen", sondern modernen Abspieltechniken anzupassen. "Lautsprecher sind ganz anders heute als vor 50 Jahren, man kann viel mehr heraushören."

Fantastischer neuer Mix

Der neue Mix des Originalalbums ist tatsächlich fantastisch, auch wenn man die CD als MP3 komprimiert, klingen die Stücke perfekt. "Dramatische" Änderungen und Offenbarungen gibt es hier allerdings nicht. Aber jagt man etwa das großartige "I Want You (She's So Heavy)" via Blu-Ray über eine Surround-Anlage, offenbart sich ein neues Hörerlebnis. Beim Raumklang wurde nicht auf Effekthascherei gesetzt, sondern mit Sorgfalt ein Klangbild geschaffen, als würde man mit der musizierenden Band im Zimmer stehen. Zartere Songs schweben regelrecht aus den Boxen, "Come Together" schallt auch im Eigenheim druckvoll wie nie zuvor.

Beatles-Enthusiasten und Hörer, die ein wenig die Entstehung von "Abbey Road" nachvollziehen wollen, finden in der "Anniversary Edition" diverse Session-Outtakes und Studio-Demos (23 Tracks mit einer Gesamtspielzeit von 90 Minuten). Diese (bisher) raren Aufnahmen zeigen, wie stark die Beatles als Gruppe waren. Im Booklet geben Essays Auskunft über die Produktion, die einzelnen Tracks, das ikonische Cover mit den Beatles am Zebrastreifen der Abbey Road und die Geschichte des Albums. Und am Ende stellt sich die Frage, was an diesem Meisterwerk der Popgeschichte umstritten sein soll.

"Abbey Road" erscheint zum 50er in Österreich als normale LP, als Dreifach-Vinyl, als Doppel-CD (mit einer Auswahl der Outtakes) und als Limited Deluxe Edition. Letztere beinhaltet das Gesamtpakt.