Im Sommer 2001 fegte Timna Brauer als „Evita“ über die Wörtherseebühne. 18 Jahre später wächst die Niederländerin Annemieke van Dam als argentinische First Lady über sich hinaus.
Den Bühnenraum nimmt eine Art Mausoleum (Bühne und geschmackvolle Kostüme: Friedrich Eggert) ein, das vom Aufbahrungsraum zur Bar zur politischen Bühne, zur Straße und zum Altarraum die diversen Spielorte im Handumdrehen entstehen lässt.

Temporeich

Regisseur Aron Stiehl setzt bei der Entwicklung der Eva Maria Duarte von der Provinzschauspielerin zur schillernden Figur an der Seite des Präsidenten gleich auf hohes Tempo. Sehr passend zum kometenhaften Aufstieg der ehrgeizigen Person, die als 26-Jährige Dank der Heirat mit Juan Perón erreicht hatte, was sie wollte und mit 33 Jahren verglühte - Eva Perón starb 1952 zu Beginn der zweiten Amtszeit ihres Mannes an Krebs. 1955 wurde seine Regierung gestürzt und Argentinien „entperónisiert“, Evitas Leichnam wurde entführt und unter falschem Namen in Mailand beigesetzt.

Schlafzimmerfantasie und Heilige

Mit stilisiertem Körpereinsatz in diversen Betten und metallisch schlanker Stimme zeichnet Annemieke van Dam eine Evita, die ihr Charisma mit viel Kalkül einsetzt und nicht nur dem Ohrwurm „Don´t cry for me, Argentinia“ eine halsbrecherische Note gibt. Als kommentierender Begleiter von Aufstieg und Fall bricht „Che“ (Edward Hall, sehr lässig) immer wieder Stücke aus Evitas Fassade und hinterfragt ironisch ihre populistische Politik. Außerdem „entsorgt“ er Peróns erste Geliebte (Paulina Plucinski). Nigel Casey ist ein etwas blasser Juan Perón, der seine Frau als „Mischung aus Schlafzimmerfantasie und Heilige“ besingt. Es wundert nicht, dass er sich von ihr und anderen politischen Einflüsterern leicht in die Zange nehmen lässt. Ramin Dustdar gibt den ersten Liebhaber Evitas als unangepassten Paradiesvogel.

Tanzrevue

Schwungvolle Tanzeinlagen (Choreografie: Otto Pichler) bringen viel Leben, Charme und Witz in die Geschichte. Wenn die feine Gesellschaft im Takt (Andrew Lloyd Webbers Komposition hat hier etwas ruckhaft Distanziertes) die Löffel in den Teetassen bewegt, ist klar, was man in Buenos Aires von der Hure aus der Provinz hält. Aber die entlässt den (Geld-)Adel aus dem Handgelenk. Sehr komisch, wie den Militärs nacheinander der Sessel unterm Hintern weggezogen wird. Sie liegen nur kurz flach. Aber die mitunter bedrohliche politische Situation wird nie in den Vordergrund gespielt. Das ist eindeutig nicht die Absicht dieser Produktion.

Wie im Flug

In stimmungsvollen Massenszenen (jubelndes oder trauerndes Volk) ist neben dem Chor des Stadttheaters die Singakademie Carinthia im Einsatz. Mit viel Drive und zündender Energie treibt Mitsugu Hoshino am Pult des Kärntner Sinfonieorchesters das Geschehen voran. Der Abend mit „Evita“ vergeht wie im Flug. Kräftiger Applaus nach Zweidreiviertelstunden.