Vor dem Deutschland-Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat eine in der Türkei inhaftierte Sängerin die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel um Hilfe gebeten. Merkel möge sich im Gespräch mit Erdogan für sie einsetzen, schrieb die deutsche Staatsbürgerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane in einem auf Türkisch verfassten Brief.

Die kurdischstämmige Sängerin war Ende Juni im westtürkischen Edirne verhaftet worden. Ihr wird Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Nach Angaben der Anwälte ist der Grund für den Vorwurf der PKK-Mitgliedschaft ein Film, bei dem die deutsch-kurdische Sängerin Regie geführt hatte. Darin gehe es um Massaker der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an der Minderheit der Jesiden im irakischen Sindschar und Nordostsyrien.

Cane (47)schrieb weiter, sie habe gesundheitliche Probleme und könne sich im Gefängnis nicht gesund ernähren. Laut englischer Wikipedia ist es nicht das erste Mal, dass Cane ins Visier der türkischen Polizei gerät: Wegen ihres Einsatzes für die kurdische Kultur soll sie bereits mehrmals verhaftet und auch gefoltert worden sein. Nachdem Unbekannte  sie nach einem Konzert niederschossen, emigriertes sie nach Deutschland.

Erdogan reist am Donnerstagabend zu einem zweitägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Neben dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier trifft er auch Merkel. Die Visite sorgt für heftige innenpolitische Diskussionen in Deutschland. Mehrere Oppositionspolitiker wollen das Staatsbankett für Erdogan boykottieren.

Der türkischstämmige ehemalige Grünen-Chef Cem Özdemir, der ein scharfer Kritiker Erdogans ist, will jedoch daran teilnehmen. "Für mich steht außer Frage, dass Erdogan kein normaler Präsident ist und ein solches Staatsbankett sicher nicht verdient", sagte Özdemir dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagsausgabe). Er wolle aber, dass Erdogan "mich, der für die Kritik an seiner autoritären Politik steht, sehen und aushalten" müsse.