Es ist wie eine Zeitreise, bei der man mit beiden Beinen fest in der Gegenwart bleibt. Dazu an einem Ort mit 2000-jähriger Geschichte: Mit ihrer 3D-Show traten Kraftwerk, kaum zu unterschätzende Urahnen der elektronischen Musik, im Römersteinbruch St. Margarethen auf.

Vier nicht mehr ganz junge Männer in „Tron“-Overalls, statisch hinter vier Konsolen geparkt, eine schnöde schwarze Schachtelbühne und weiße Wegwerf-3D-Brillen für das Publikum: Mehr braucht es nicht, um 120 Minuten retrofuturistischen Zauber zu entfachen, in eine Welt zu entführen, wo die Zukunft (frei nach Karl Valentin) auch schon besser war. Was die 4500 Zuhörer zu sehen und hören bekommen, die – obwohl quasi „Sintflut“ im Wetterbericht stand! – ins Burgenland gereist sind, ist ein nach heutigem Stand der Technik aufgefrischtes Best-of aus dem Gesamt(kraft)werk. Ein reines Immer-wieder-Abspulen alter Hits wäre dieser Band auch unwürdig.

Kraftwerk im Römersteinbruch
Kraftwerk im Römersteinbruch © APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
© APA/HERBERT P. OCZERET

Schon die ersten drei Songs haben je 37 Jahre auf dem Buckel: Zu „Nummern“, „Computerwelt“ und „It’s more fun to compute“ fliegen den Fans Nullen und Einsen entgegen, es folgen die klobigen Großeltern unserer PCs und Schlagwörter, die viel heutiger daherkommen als die Schrift, in der sie formatiert sind: „Business, Numbers, Money, People“. Dass sie nicht nur musikalische Visionäre waren, wird bei „Radioaktivität“, „Autobahn“ oder „Die Roboter“ deutlich – bei der Show in Stuttgart war kürzlich sogar ein ISS-Astronaut zugeschaltet. Übrigens: Die Männer an den Konsolen spielen live, was lange Improvisationsblöcke („Tour de France“ etwa) beweisen. Die Rolle der ikonischen Mensch-Maschinen verlassen sie aber erst ganz am Ende, bei der Verbeugung. Von Ralf Hütter gibt es gar ein „Dankeschön“. Wie herzlich das klingt, ist dann aber trotzdem eine Überraschung.