Die Abkürzung ÖRR ist hierzulande weniger geläufig als in Deutschland. Doch der derart bezeichnete öffentlich-rechtliche Rundfunk spielt für Österreich eine wichtigere Rolle. Als Identifikationsstifter und Kulturträger gegenüber dem zehnmal so bevölkerungsreichen Nachbarn gleicher Sprache wirkt er unverzichtbar. So hat die Existenzberechtigung des ÖRR einst Generalintendant Gerd Bacher definiert.
Folgerichtig nimmt sein fünfter Nachfolger Roland Weißmann ORF III vom 320 Millionen Euro schweren Sparpaket aus, das unter dem Diktat der Medienpolitik zu schnüren ist. Denn der Kultur- und Informationssender entspricht dem Urauftrag. Entsprechend oft fielen bei der Programmpräsentation die Worte "öffentlich-rechtlich". Der Stolz auf den Sender gilt nicht nur inhaltlich. Mit 2,9 Prozent hatte er 2022 gleich viel Marktanteil wie der nach Servus TV (4,3%) zweitgrößte Privatanbieter Puls 4.
Der Vergleich birgt aber den Wermutstropfen im Prosit auf den ÖRR: Wenn dessen Prinzip vor allem ein Spartensender erfüllt, hat das Gesamtunternehmen ein Problem. Von seiner Umsatzmilliarde fließen nur zwölf Millionen ins Budget von ORF III. Es entspringt TW1, das 50:50 mit einer Firma von Peter Schröcksnadel gegründet wurde. Der Skiverbandspräsident war zugleich Partner jener Quotenmaximierung, der vieles ohne Massenattraktivität weichen musste. Das parallel zu ORF III aus TW1 entstandene Auffangbecken ORF Sport + erreicht nur 0,5 Prozent Marktanteil und fällt nun wohl dem Sparstift zum Opfer.
Das sind Spätfolgen des medienpolitischen Irrwitzes eines viel zu lange gehegten Rundfunkmonopols. Nach Radio 1998 wurde erst 2001 flächendeckend Privat-TV möglich – als deutsche Sender schon 43 Prozent des österreichischen Marktes erobert hatten. Doch vor der Schließung eines Spartensenders muss der ORF sich die Frage gefallen lassen, wie öffentlich-rechtlich seine Hauptprogramme sind. Es geht um viel mehr als nur die Berücksichtigung von Sportarten. Die Rückführung des lange mit Privaten verwechselbaren ORF 1 wäre am schnellsten per Fusion mit ORF III zu erreichen. Doch derart würden die Bemühungen um jüngeres Publikum auf das für ältere Zielgruppen konzipierte ORF III prallen.
Sein wohl wichtigster Schwerpunkt ab Herbst wird "Österreich – die ganze Geschichte" in 40 Folgen; samt Einblendung: "Nach einer Idee von Roland Weißmann." Geistesblitze für Nebenschauplätze retten aber weder ihn noch den ORF. Die Front verläuft von ORF 1 über Ö3 bis zur digitalen "blauen Seite".