Inzwischen ist es in der Welt des Marvel Cinematic Universe (MCU) so normal geworden, ein Superheld zu sein, dass die Bevölkerung deren Entdeckung weniger als Schock, sondern nur mehr als Auflage für Social-Media-Kommentare und Memes versteht. So geschehen bei Kamala Khan (Iman Vellani), der neuesten Rekrutin der Superhelden-Familie. Die Pakistani-Amerikanerin, und erste Muslima im Marvel-Universum, verwandelt sich im Laufe der Serie von einer Highschool-Studentin in Ms. Marvel, eine Heldin mit kosmischen Superkräften.

Doch bevor Kamala auf Instagram und Co. ihren großen Durchbruch hat, plagt sie der Schulalltag, den sie gemeinsam mit ihren Freunden, Tech-Wizz Bruno (Matt Lintz) und Nakia (Yasmeen Fletcher) bestreitet, sowie die hohen Erwartungen der Eltern. Sie ist ein glühender Captain-Marvel-Fan und eine Tagträumerin, ihre Leidenschaft gilt ihrem Youtube-Kanal "Avengers". So beginnt die Serie schon sehr keck mit ihrem Videorückblick auf den Kampf gegen Bösewicht Thanos mithilfe von Cut-Out-Animationen. Immer wieder erwacht die animierte Welt um sie herum zum Leben, bewegen sich Leuchtreklamen und Wandgemälde gemeinsam mit ihr durch Jersey City. Doch ihre Eltern hätten lieber, dass Kamala sich auf die Realität konzentriert und eine Karriere wählt.



Serienschöpferin Bisha K. Ali, selbst Kind pakistanischer Immigranten in Großbritannien, legt diesen Konflikt zwischen zwei Welten sehr behutsam an. "Kann eine Frau nicht einfach leben", erwidert Kamala auf Kritik gegenüber ihrer Heldin Captain Marvel. Auch Kamala selber würde gerne ihr Leben in vollen Zügen genießen. Zur AvengersCon im Captain Marvel Kostüm gehen. Doch dieselben Freiheiten wie ihrem Bruder Aamir (Saagar Shaikh) stehen ihr nicht zu. Es sei Zeit, mit dem Fantasieren aufzuhören, meint auch ihre Großmutter. Doch, so vermittelt es die Serie, es gibt den Mittelweg zwischen guten Noten und kosmischer Selbsterfüllung. Dieser offenbart sich Kamala in Form eines mysteriösen Armreifens, der ihrer Urgroßmutter Aisha gehört haben soll. Kurz nach dem Überstreifen manifestieren sich übernatürliche Kräfte. Kamala kann plötzlich kosmische Energie manipulieren. Und diese Macht, so stellt Bruno schnell fest, kommt nicht vom Armreif selber. Dieser war nur der Schlüssel, um etwas in ihr zu erwecken, das anscheinend schon eine ganze Zeit dort geschlummert hat.

Im Elternhaus von Kamala Khan geht es eher konservativ zu
Im Elternhaus von Kamala Khan geht es eher konservativ zu © (c) Daniel McFadden (Daniel McFadden)


Nun muss sie nicht nur ihre Kräfte der guten Sache widmen, sondern auch mit jenen fertig werden, deren Aufmerksamkeit sie bereits ungewollt auf sich gezogen hat. Die Reise Kamalas, angefangen von ihrem liebevollen, aber strengen Elternhaus, über die Entwicklung ihrer Kräfte, bis hin zu Konfrontationen mit ihren Gegnern bringt frischen Wind in eine Formel, die sich zu oft schon selbst kopiert hat.
Bisha K. Ali verzichtet dankenswerterweise auf einen mit jugendlicher Existenzangst aufgeblähten Plot und fokussiert sich vielmehr auf den Spaß und die Verantwortung, die diese Kräfte mit sich bringen. Statt die mehrere Filme und Serien umfassende erdrückende Mythologie des MCU, gibt es bei Ms. Marvel eine bunte, unverbrauchte Dynamik, gepaart mit einer herausragenden Hauptdarstellerin und einem ohrwurmtauglichen Soundtrack.

"Ms. Marvel" auf Disney+.