Bekanntlich machen ja die kleinen Dinge den größten Unterschied aus. Und niemand weiß das besser als River Cartwright (Jack Lowden) – einst Agenten-Shootingstar beim MI5 und dann legendär über ein Farbproblem gestolpert: Hat der mutmaßliche Attentäter auf dem Flughafen jetzt ein blaues Shirt und weißes Hemd an oder doch umgekehrt? Wie gut, dass es nur eine Übung war, denn 150 Menschen haben in der Theorie dabei ihr Leben gelassen. Cartwright hingegen wurde ans Dead End geschickt, dorthin, wo die schnittigen Agenten niemals hinkommen: ins „Slough House“. Eine in die Jahre gekommene Bude, deren Farbpalette über Grau, Braun und irgendwas mit vergilbt nicht hinauskommt. Herzstück der Absteige für ausgemusterte Agenten ist Jackson Lamb (Gary Oldman). Wobei: Herz? Welches Herz? Die Kommunikation mit seiner Handvoll Mitarbeiter ist hart und nie herzlich. Hier tragen alle ihr übergroßes emotionales Marschgepäck mit sich herum.

Und doch, die Aussicht mag zwar schäbig, aber nicht hoffnungslos sein, die „Slow Horses“, also langsame Pferde, wie die Mitarbeiter im „Slough House“ von den „echten“ Agenten spöttisch genannt werden, durchlaufen nämlich den Klassiker des Underdog-Auftrumpfens. Denn als eine Gruppe weißer Rechtsextremisten einen muslimischen Briten mit pakistanischen Wurzeln entführen und vor laufender Kamera enthaupten will, wird es brenzlig. Auch, weil die „Slow Horses“ ordentlich in Trab kommen und schnell mittendrin sind in einer handfesten politischen Verschwörung.
Die sechsteilige Serienumsetzung der Buchreihe des Briten Mick Herron ist ein gelungenes Gegenstück zu den ewig coolen Agenten à la Bond, die immer alles im Griff haben. Natürlich ist es Gary Oldman, der hier den abgehalfterten Zyniker mit Bravour spielt und diese Rolle – samt unzähligen Zigaretten – inhaliert hat. Diese „Ich-bin-mit-der-Welt-fertig“-Attitüde trieft aus allen Poren.

Das heißt nicht, dass sein Jackson Lamb bis zur letzten Konsequenz unsympathisch ist. Nein, gerade im Gegenspiel mit der MI5-Chefin Diana Taverner (Kristin Scott Thomas) weiß er ziemlich genau, was er an seinem Pferdestall so hat. Ein schräger Haufen, der sympathisch unter dem Radar fliegt, auch, weil man sich im „Slough House“ für gewöhnlich nicht im Licht seiner eigenen Eitelkeit sonnt. Das Titellied „Strange Game“ stammt von Mick Jagger.

„Slow Horses“ auf Apple TV+.