Man muss ja kein Körpersprachenprofi sein, aber das Lächeln auf dem Bild da oben, das ist natürlich nur gespielt freundlich. Das passt auch gut zu einer Serie, die im schillernden Fernsehuniversum New Yorks spielt. Was sich hinter den Kulissen der immer gut gelaunten Frühstücksfernsehcrew abspielt, hat die erste Staffel eindrucksvoll gezeigt: Mächtige Männer, die sich das nehmen, was sie gerade wollen. In der ersten Staffel ist dieses System der weißen Männer gelungen implodiert. Nun geht es ans Aufräumen: Alex Levy (Jennifer Aniston), die das System lange Zeit ignoriert bis geduldet hat, hat dem Sender den Rücken gekehrt. Bradley Jackson (Reese Witherspoon) hat sich in wenigen Monaten vom Landei zum Superstar gemausert. Es ist das alte Spiel vom Auf und Ab.

Aber auch sie ist eine Spielfigur – der Einschaltquoten, der Beliebtheitswerte und der mächtigen CEOs. Aber es zeigt sich schnell: Hat die Oberfläche erst einmal einen Riss, ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis sich ein Spalt auftut. Und in der zweiten Staffel von "The Morning Show" kracht es schon von Beginn an ganz ordentlich. In atemberaubendem Tempo werden gesellschaftspolitische Themen verhandelt, dass einem schwindelig wird: Geschlechteridentität, Diversität, Alltagsrassismus, Machtverteilung und Verteilungskämpfe, Verteilungsgerechtigkeit, Männer gegen Frauen und Frauen gegen Männer. Keine Frage: Man ist am Punkt der Zeit, aber man hätte sich gut und gerne für die einzelnen Themen auch Zeit nehmen können. Bisweilen wirkt die Serie wie die Stadt, in der sie spielt: New York und die ist bekanntlich eine einzige Baustelle.

Und doch kann man der zweiten Staffel die Sogwirkung nicht absprechen. Und das hat natürlich mit dieser klugen Beobachtung und Abbildung  aktueller Entwicklungen zu tun. Dort, wo die Erfolgsserie "Succession" (Sky/HBO), die ebenfalls im New Yorker Medienbusiness spielt, den Finger auf familiäre Machtkämpfe legt, analysiert "The Morning Show" die Vorgänge in der globalen Medienbranche. Wo in Echtzeit Tweets, Quoten und Social-Media-Empörung zum Treibstoff werden und Moderatoren nach ihrem It-Faktor bewertet werden. Das changiert zwischen absurd und verdammt real. So gesehen kann man die Getriebenheit der zweiten Staffel auch gleich beim Namen nennen: Echtzeit. Willkommen im Hier und Jetzt.

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