Was braucht der ORF für die Zukunft? Was soll er leisten können, welche Aufgaben soll er künftig nicht mehr erfüllen, Herr Hafenecker?
CHRISTIAN HAFENECKER: Aus Sicht der FPÖ sollte sich der ORF künftig hauptsächlich auf seine Rolle als Informationssender konzentrieren. Dazu braucht es auch eine Neustrukturierung der aktuell teilweise sehr schwammigen Formulierungen im ORF-Gesetz für eine klare Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Denn es gibt keinerlei Notwendigkeit dafür, dass der ORF Privatsendern wie Pro Sieben oder Sat.1 Konkurrenz macht. Gerade ORF 1 unterscheidet sich inhaltlich kaum von privaten Anbietern und wenn man die Qualität ansieht, die sich auch in der Reichweite von ORF 1 widerspiegelt, dann stellt sich die Frage, was dieser Sender noch mit öffentlich-rechtlich zu tun hat.

Sie haben Alexander Wrabetz einmal als „schlechtesten Generaldirektor aller Zeiten“ bezeichnet. Wer soll den ORF künftig leiten und welche Qualitäten brauchen er oder sie?
Seine Bilanz macht Alexander Wrabetz auch zum schlechtesten Generaldirektor aller Zeiten. Unter ihm hat der ORF massiv an Reichweite verloren, wofür vor allem das schlechte Programmmanagement ursächlich ist. Dadurch hat er auch horrende Verluste des Unternehmenswerts zu verantworten. Für uns Freiheitliche braucht es an der ORF-Spitze eine Persönlichkeit, die einerseits Managementqualitäten mitbringt, andererseits politische Äquidistanz aufweist, um zu garantieren, dass der ORF keine Vorfeldorganisation der ÖVP Niederösterreich wird. Zudem brauchen wir im größten Medienhaus des Landes auch Innovation und Mut. All das hat Wrabetz nie besessen.

Der Stiftungsrat bestellt den künftigen ORF-Chef. Welche Änderungsvorschläge haben Sie für die Struktur dieses Gremiums?
Die FPÖ hat hier eine klare Haltung: Durch das derzeitige System ist der Stiftungsrat de facto eine Spielwiese der Bundesregierung und momentan durch den Überhang an ÖVP-Stimmen ein reines Sammelbecken für Parteigänger der Volkspartei. Das soll in Zukunft anders werden. Genauso wie auch in anderen Bereichen sollen die Stiftungsräte der Parteien repräsentativ und entsprechend ihrer Stärke abgebildet werden. Dadurch muss man sich im ORF auch Mehrheiten suchen, und wir bekommen nicht zwingend eine Filiale der ÖVP-Niederösterreich, so wie es jetzt zu befürchten ist.

Nach der ORF-Wahl ist vor einer möglichen Gebührenerhöhung: Steht damit die nächste große GIS-Debatte bevor? In den letzten Monaten ist es ja auffallend still um das Thema geworden.
Es ist davon auszugehen, dass im Herbst wieder eine Debatte rund um Gebührenerhöhungen startet. Anfang des Jahres kamen aus dem ORF sogar Pläne, die GIS auf das Streaming-Angebot und damit auf PCs sowie Smartphones auszuweiten. Das ist besonders unverfroren, bedenkt man, dass der ORF ohnehin bereits 650 Millionen Euro pro Jahr an Gebühren von den Bürgern kassiert. Dem erklären wir Freiheitlichen daher eine klare Absage. Aus unserer Sicht muss am Ende jeglicher Debatte über die GIS deren Abschaffung stehen. Diese Zwangsgebühren haben keinerlei Berechtigung mehr.