ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sieht seine Chance für eine Wiederwahl bei der ORF-Wahl im August trotz bürgerlicher Stiftungsratsmehrheit intakt. "Ich bin zuversichtlich, dass ich eine Mehrheit haben werde", sagte er im Interview mit der APA. Tritt das ein, möchte er Managerinnen für digitalen und kulturellen Change installieren und den Frauenanteil in den Landesdirektionen (derzeit rund 20 Prozent) erhöhen. Prinzipiell befürworte er einen "Wettbewerb der Ideen und Konzepte" für die ORF-Wahl.
Auch als Bewerber oder Bewerberin aus dem ORF müsse man sich nicht fürchten. Im Falle einer Wiederwahl wolle er zwei "ganz entscheidende Funktionen" schaffen: eine Managerin für digitalen Change und eine für kulturellen Change im Unternehmen. Dafür fasse er eine weibliche Besetzung ins Auge, die durchaus ORF-extern sein könne. Auch sein künftiges vierköpfiges Direktorenteam solle sich zu 50 Prozent aus Frauen zusammensetzen.

"Ich hoffe, dass angesichts der derzeitigen Diskussionen um Postenbesetzungen im Land eine Sachentscheidung getroffen wird - nicht nach 'Freundeskreislinien' und nicht in Abstimmung mit der Politik", zeigte sich Wrabetz optimistisch. Der Vorsitzende des ORF-Redakteursrats Dieter Bornemann erachtete diese Vorstellung kürzlich bei der Verleihung der Concordia-Preise als realitätsfremd. Nicht die besten Ideen seien entscheidend dafür, wer im ORF-Chefsessel sitze, sondern Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

"Man wird es diesmal ja sehen. Man kann davon ausgehen, dass alles rund um die Abstimmung breit diskutiert werden wird. Auch wenn man jetzt versucht, die öffentliche Diskussion über allfällige Kandidaten sehr kurz zu halten. Es wäre ein gutes Zeichen vonseiten der Politik, eine Sachentscheidung zu gewährleisten", so der amtierende ORF-Generaldirektor. Unter umgekehrten politischen Vorzeichen habe es das bereits gegeben, als der bürgerliche Gerd Bacher während der Amtszeit von Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) ORF-Generalintendant wurde.

Sein Verhältnis zu Kurz beschreibt Wrabetz als "ganz normale, professionelle Zusammenarbeit", die im vergangenen Jahr "etwas intensiver ausgefallen ist, weil es darum ging, das Land medial gut durch die Pandemie zu führen". Dieter Bornemann habe es gut formuliert. "Wir sind nicht das PR-Medium der Regierung und nicht die Kampfplattform der Opposition. Wenn man auf dieser Basis mit der Politik spricht, funktioniert es gut", meinte der ORF-Chef.

Nicht den Tatsachen entspreche laut Wrabetz der Eindruck eines Teils der Bevölkerung, dass sich die ZiB1 zur Regierungssendung und die ZiB2 zur Oppositionssendung entwickelt haben. "Man sieht auch bei der ZiB2, dass Oppositionspolitiker hart interviewt werden und in der ZiB1 unangenehm über die Regierung berichtet wird."

Zu den Plänen des amtierenden ORF-Chefs gehört: Noch vor dem Start des ORF-Players "unmittelbar vor oder nach der Wahl" soll die ZiB auf Tiktok starten. Auch ein multimedialer Programmschwerpunkt zur Rolle Europas in der Welt ist noch heuer geplant. Im nächsten Jahr soll ORF 1 mit Comedy und Satire gestärkt werden. Der Sender, der quotentechnisch stark auf den Besitz von Sportrechten angewiesen ist, solle erhalten bleiben. "Es wäre nicht zielführend ORF 1 aufzugeben. Der Blick auf einen linearen Sender muss sich aber ändern. Man muss nicht jede Tages- und Nachtzone verteidigen und um Marktanteile kämpfen", so Wrabetz.