StefaniGermanotta, bekannt als Lady Gaga, erzählt in einer am Freitag auf dem Streamingdienst Apple TV veröffentlichten Folge der Dokumentationsreihe "The Me You Can't See" ("Das Ich, das du nicht sehen kannst"), dass sie als 19-Jährige von einem Produzenten vergewaltigt wurde. Danach habe man sie, schwanger, an einer Ecke ausgesetzt.

Bei dem Täter habe es sich um einen Musikproduzenten gehandelt. Den Namen wollte sie aber nicht nennen. Sie fühle sich nicht wohl dabei. "Ich will diesen Menschen niemals wieder sehen."

Die mentalen und körperlichen Folgen des Missbrauchs seien bis heute zu spüren, berichtete die 35 Jahre alte Sängerin. "Ich hatte einen vollständigen psychischen Zusammenbruch." Sie sei wochenlang krank gewesen und habe auch teilweise heftige körperliche Schmerzen empfunden. "Ich hatte so viele MRT-Scans, bei denen nichts gefunden wurde, aber dein Körper erinnert sich (an den Missbrauch)", so die vielfache Grammy-Preisträgerin.

"Ich verstehe die #MeToo-Bewegung, ich verstehe, dass sich einige Leute damit wirklich wohl fühlen, aber ich nicht", fuhr sie fort." Sie wolle mit der Person, die ihr das angetan hat, nie wieder etwas zu tun haben.

Und Germanotta spricht von den folgenden Selbstzerstörungsfantasien, von der dunklen Wolke, die sie seither verfolgt, vom ständigen Gedanken, „dass du wertlos bist“. Die Offenheit ist hier eine Botschaft, die ankommt und sich ins Positive wendet: Du bist nicht allein, es ist nicht deine Schuld.

Wenn Germanotta rät, sich in Worten statt in Selbstzerstörung auszudrücken, trügt der Eindruck der Banalität: Jeder der ProtagonistInnen kennt die eigenen Abgründe und wie man ihnen, manchmal, ausweicht. Manche Dämonen werden vererbt: Zak Williams, Sohn des Schauspielers Robin Williams („Good Morning, Vietnam“) erzählt, wie er einen Vater erlebte, der zwischen Drogen, Alkohol und Erfolg existierte.

Harry, der Prinz im selbst gewählten US-Exil, nimmt seit vier Jahren therapeutische Hilfe in Anspruch. In der Apple-Doku „The Me You Can’t See“ erinnert er sich an das Trauma seines Lebens: Stoisch begleitete er mit zwölf Jahren den Sarg, in dem seine in den Tod gejagte Mutter Lady Diana lag. Jeder Zuschauer am Straßenrand habe mehr trauern dürfen als er selbst, erklärt Harry im Gespräch mit Talkshow-Moderatorin Oprah und spricht von Jahren der Angstzustände, von Familienmitgliedern, die ihm rieten, „einfach das Spiel zu spielen, und dein Leben wird einfach sein".

Harry betont, wie entscheidend es für ihn war und ist, den Schmerz therapeutisch zu verarbeiten. Wird der Schmerz nicht verarbeitet, wird er weitergegeben, erklärt der 36-Jährige und nimmt direkt Bezug auf seinen eigenen Vater. Man merkt, dieser Mann hat die Ketten abgeworfen und er lebt seine Freiheit, die er abseits des Königshauses gewonnen hat. Als die schönsten Jahre seines Lebens bezeichnet der Familienvater seine Zeit in der Armee, auch in Afghanistan: "Es gab keine Sonderbehandlung". Er konnte einfach Soldat sein.

Die Apple-Doku eröffnet ein Forum, in dem neben Oprah, Harry und Germanotta zahlreiche weitere Prominente wie Glenn Close oder Basketballer DeMar DeRozan über höchstpersönliche Erfahrungen mit psychischen Tiefschlägen berichten. Die Gestaltung von „The Me You Can’t See“ entspricht der Marke Oprah, ist nah am Pathos, vor allem aber nah am Menschen angesiedelt. Gezeigt wird ein Kollektiv mit Schwächen, Traumen, Ängsten. Selten ist Streaming menschlicher.