Krimi will er schon lange keiner mehr sein. Die Rede ist vom Münster-"Tatort" mit den Komikern unter den Ermittlern: dem bodenständigen, fahrradfahrenden Frank Thiel (Axel Prahl) und dem luxusliebenden, eitlen Professor Karl Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers). Der Auftritt der populären Quotenkaiser liefert – egal, wie mies Drehbuch oder Plot auch sind – ironisches Spiel und vor allem Gags, Gags, Gags. Darauf kann man sich verlassen. Heute wurde ihr Wiedersehen am Sonntagabend besonders genau beobachtet – ist es doch der erste Bildschirmauftritt von Jan Josef Liefers nach der aufsehenerregenden, missglückten Videoaktion #allesdichtmachen und diversen nicht wirklich leuchtenden Erklärungsauftritten in den Medien.

Der neue Fall "Rhythm and Love"(Drehbuch: Elke Schuch, Regie: Brigitte Marie Bertele) ist einer der besseren Fälle aus Münster. Die Schauspieler konnten, klischeemäßig, aus dem Vollen schöpfen: polyamore Liebe zwischen Alpakas am Campingplatz. Dazu Menschen, die sich wegkiffen und freitrommeln. In diese freie Liebens- und Lebensgemeinschaft sind nicht nur der bisexuelle Pressemann der Polizei und dessen Frau verwickelt, sondern auch dessen guter Freund – ausgerechnet ein Priester. Und natürlich Thiels "Vadder" (immer groß: Claus Dieter Clausnitzer), der den gut aufgelegten Hippies die notwendigen Drogen für ihre Stimmung aufs Land kutschiert. Stilecht im Taxi.

Dass ausgerechnet der Guru der Kommune ins Gras beißen musste, sorgt für einen Stimmungseinbruch am Campingplatz und am noblen Familienesstisch. Nirgendwo am "Tatort" ist bekanntlich die Dichte an fantastisch gezeichneten und toll gespielten Nebenfiguren reicher als in Münster: "Alberich" (Silke Haller) macht dieses Mal einen Fehler, Assistent Mirko (Björn Meyer) beichtet und Staatsanwältin und Reibeisenstimme Klemm (Mechthild Großmann) hofft nicht auf einen Skandal innerhalb der Polizei.

Die Komiker des deutschsprachigen Krimis: Axel Prahl und Jan Josef Liefers
Die Komiker des deutschsprachigen Krimis: Axel Prahl und Jan Josef Liefers © ORF

Es passiert in diesem Krimi alles, was in diesen Zeiten sonst verboten ist: Lagerfeuerpartys, Sex, berufliche Annäherung, kleine Lügen, große Beichten und übergroße Geheimnisse, verloren gegangene Beweise, Fake-Gipsarme und viel zu viel Rotwein im Gerichtsmedizinersaal. Es menschelt ganz schön und gleichzeitig befeuert der Fall ein bisschen Eskapismus am Sonntagabend.

Alle und alles da. Und das ist nicht das Schlechteste, was man über einen Krimi in Coronazeiten sagen kann. Es ist, als würde man am nächsten Tag aufwachen und Jan Josef Liefers hätte nicht bei #allesdichtmachen mitgemacht. Nur eine Szene, wie der Boerne-Darsteller auf Instagram postete, fehlt.