Die Gratis-Tageszeitung "Heute" und die dazugehörige Online-Nachrichtenseite heute.at treten mit 1. Mai dem Österreichischen Presserat bei. Damit erkennen sie die Schiedsgerichtsbarkeit des Selbstkontrollorgans im Pressebereich im Falle eines Beschwerdeverfahrens sowie den Ehrenkodex für die österreichische Presse an. Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek sieht durch den Beitritt die "Medienethik in Österreich" gestärkt.

"Mit dem langjährigen Verband der Regionalmedien-Mitglied (VRM) 'Heute' gewinnt einerseits der Presserat einen weiteren wichtigen Teilnehmer. Andererseits sind die Gratiszeitungen des VRM nun alle beim Presserat vertreten und tragen geschlossen das Prinzip der Selbstkontrolle mit", freute sich Dieter Henrich, Präsident des Presserats in einer Aussendung. Auch Warzilek begrüßt den Beitritt. "Dass sich die am meisten verbreitete Tageszeitung Wiens und das dazugehörige Online-Portal - beides relevante Informationsquellen für die gesamte Ostregion - entschlossen haben, unseren Ehrenkodex anzuerkennen, stärkt die Medienethik in Österreich", so der Presserat-Geschäftsführer.

Will sich vom Mitbewerb "deutlich abheben"

"Positive Berichterstattung, gute Recherche und klare Qualitätsgrenzen sind unser Maßstab", begründete "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand den Beitritt in einer Aussendung. "Mit dem Beitritt zum Österreichischen Presserat wollen wir die Bedeutung von Verantwortung im Umgang mit Information und deren Verbreitung unterstreichen und der redaktionellen Qualitätssicherung noch mehr Bedeutung zukommen lassen", so die Herausgeberin. "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser sieht im Beitritt die "logische Konsequenz unserer Qualitätsoffensive". Diese sei laut der Aussendung vor einigen Jahren gestartet worden und habe zum Ziel, "Boulevard mit Herz und Hirn" zu machen. Damit wolle man sich vom Mitbewerb "deutlich abheben". Die vielen Unterschiede zu den Mitbewerbern habe etwa die Berichterstattung nach dem Terroranschlag vielen vor Augen geführt, heißt es in der Aussendung.

Warzilek ist vom Beitritt von "Heute" nicht überrascht: "Wir pflegen über Ombudspersonen schon länger gute Kontakte zu den Redaktionen von 'Heute'. Auch hatte ich den Eindruck, dass es den Redaktionen durchaus wichtig war, mit uns zu kooperieren", sagte er gegenüber der APA. Der Beitritt sei ein wichtiges Signal, so Warzilek.

Konsequenzen und Beschwerden

Die (rechtlichen) Auswirkungen durch den Beitritt sind überschaubar. Denn Medien, die die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkennen, müssen nur im Falle eines Beschwerdeverfahrens eine allfällige Entscheidung des Presserats abdrucken. "Ein Gericht könnte exekutieren, dass die Entscheidung abgedruckt wird", erklärte Warzilek. Für ein Beschwerdeverfahren muss sich jemand an den Presserat wenden, der von der Berichterstattung eines Mediums direkt betroffen ist. Das komme jedoch selten vor, so Warzilek.

Den Großteil der Verfahren machen selbstständige Verfahren aus. Dabei kann sich jeder an den Presserat wenden - etwa Leser und Leserinnen eines Beitrags. Im Falle einer Rüge werden die betroffenen Medien dazu aufgerufen, freiwillig über die Entscheidung zu berichten. Auch die Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserat ändert an dem Umstand, dass eine Veröffentlichung der Entscheidung nur freiwillig geschehen muss, nichts. Laut Warzilek passiert es "eher selten", dass Medien den Aufrufen der Senate folgen. Die "Oberösterreichischen Nachrichten" hätten dies jedoch zuletzt "sehr konsequent" gemacht, lobte der Presserat-Geschäftsführer.

Warzilek würde sich freuen, wenn "Heute" allgemein häufiger über den Presserat und dessen Entscheidungen berichten würde. "Es ist entscheidend, dass wir in Kontakt mit der Leserschaft treten. Leser und Leserinnen müssen wissen, dass es uns gibt", so Warzilek. Wenn mehr Leser mit der Institution vertraut sind, würde auch die Anzahl der behandelten Fälle steigen. Ersichtlich sei das am Beispiel der Tageszeitung "Der Standard". Diese betrafen im Jahr 2020 52 Fälle - keiner davon wurde als Verstoß gewertet. Die hohe Fallzahl sei darauf zurückzuführen, dass "Der Standard" regelmäßig die Entscheidungen des Presserats veröffentliche, meinte Warzilek.

"Heute" verstieß im Vorjahr dreimal auf geringfügige Weise gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse. Auch 2019 rügte der Presserat die Tageszeitung dreimal. 2018 kam "Heute" auf zwei Verstöße. Zum Vergleich: "Österreich" bzw. oe24.at verstieß im Vorjahr 17 Mal - und damit am häufigsten - gegen den Ehrenkodex. Die "Kronen Zeitung" wurde elfmal gerügt, wobei sie die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht anerkennt.