Während sich AlexanderWrabetz schon im (Vor-)Wahlkampf für die anstehende Wahl des Generaldirektors im August befindet, ist die österreichische Medienpolitik im Schatten der Coronakrise mit anderen Themen beschäftigt. "Wir haben derzeit das Digitalisierungstransformationsgesetz in Begutachtung und wir versuchen die Wiener Zeitung zu retten, was äußerst schwierig ist", erklärt Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen, in einem aktuellen Interview mit dem Branchenmagazin "Horizont".

Wie es mit der "Wiener Zeitung" nach dem absehbaren Ende der Pflichtinserate im Amtsblatt weitergehen soll, ist noch nicht geklärt. "Wir können nicht einfach Geld zuschießen", derzeit würden alle Varianten ausgelotet. Am Ende des Prozesses könnte eine Transformation der "Wiener Zeitung" in eine digitale Plattform oder eine Wochenzeitung stehen. Hintergrund der Regierungspläne ist einerseits die Ankündigung im Regierungsprogramm und andererseits eine EU-Richtlinie, die Pflichtinserate verhindert. National umgesetzt werden muss die Richtlinie bis August.

Keine Verhandlungen zu ORF-Gesetz

Die Frage, ob es aktuell Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien über die ORF-Gesetzesnovelle gibt, beantwortet Blimlinger klar: "Nein, das hat sich nicht geändert. Es gibt aktuell keine Verhandlungen dazu." Derzeit habe der Koalitionspartner an einer grundlegenden Strukturreform "kein Interesse". Denkbar wäre für die Mediensprecherin eine "kleine ORF-Reform", die etwa die Abschaffung der 7-Tage-Regel betreffen würde.

Die Wünsche des aktuellen ORF-Generaldirektors gehen freilich deutlich weiter, wie er Medienjournalisten am Dienstagabend mitteilte: Der seit Jahren angekündigte ORF-Player - eine Art umfassende Mediathek - geht mit einem zentralen Fokus auf Streamingangebote einher und umfasst auch "online first" und "online only"-Produktionen des ORF - zwei Bestrebungen, die von den privaten Mitstreitern scharf kritisiert werden - sowie mögliche Schnittstellen mit Privatsendern. Ohne neues ORF-Gesetz sind diese Projekte auf Eis. Blimlingers Aussagen deuten darauf hin, dass die ÖVP die Wahl des neuen ORF-Generaldirektors abwartet - gewählt vom Stiftungsrat, in dem die ÖVP die Mehrheit hat.

Ein neues ORF-Gesetz müsse den Sender vom analogen ins digitale Zeitalter bringen, erklärt Blimlinger gegenüber "Horizont". Das schließt auch eine neue Führungsstruktur ein: "Wir stellen uns eine Doppelgeschäftsführung vor, mit gleicher Kompetenz und einem gesetzlich verankerten Vier-Augen-Prinzip." Das "monokratische Organ an der Spitze" sei nicht mehr zeitgemäß. Auch "Dinge wie Channelmanager" seien zu hinterfragen. 

Strache drängte per SMS auf GIS-Abschaffung

Wie knapp die Medienpolitik jüngst vor einem umfassenden Umbau des österreichischen Rundfunks stand, legte der dem Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelte SMS-Verkehr zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache offen. Am 10. Februar schrieb Strache an Kurz und den damaligen Medienminister Gernot Blümel: "Lieber Sebastian, lieber Gernot! Ich muss bei ORF-Reform auf unser Übereinkommen bezüglich Abschaffung der GIS-Gebühren bestehen! Das muss bis März 2019 fixiert werden und auch budgetär fixiert werden! Lg HC". Wenig später legte Strache nach: "Abschaffung der GIS-Gebühren und die Zwangsveröffentlichungen in der Wiener Zeitung! Beides muss abgeschafft werden und so wurde es auch vereinbart!" Dann kam der Ibiza-Skandal und die besonders von der FPÖ vorangetriebenen ORF-Pläne rückten in den Hintergrund.

Zur Finanzierung sagt Blimlinger zu "Horizont", man müsse "vor allem eine Haushaltsabgabe diskutieren". Was die internen Strukturen anlangt, strebt sie eine Entpolitisierung, eine Verkleinerung des Stiftungsrats und eine Aufwertung des Publikumsrats an. Fallen soll zudem das Anhörungsrecht von Landeshauptleuten, bei der Wahl eines neuen ORF-Landesdirektors.

Eine vierte Amtszeit von Wrabetz sei grundsätzlich für sie vorstellbar, aber nur mit klaren Regeln: "Es muss Zielvorgaben geben und klar sein, was passiert, wenn diese nicht eingehalten werden." Jetzt eigene Gegenkandidaten ins Rennen zu schicken, sei zu früh: "Wenn man jetzt welche in die Arena schickt, sind sie weg. Das brauchen wir nicht." Entsprechend lässt auch Wrabetz noch offen, ob er tatsächlich noch einmal antritt.