Vor 20 Jahren kündigte RupertMurdoch in einem Interview an, noch 175.000 Stunden zu leben, wovon er wiederum 75.000 Stunden für Arbeit aufwenden wolle. Bei großen Entscheidungen irrt sich Murdoch selten, in dieser Frage lag er falsch: Die von ihm prognostizierte Lebensdauer lief vor wenigen Wochen aus, am Donnerstag wird der letzte große Medientycoon des alten Schlags 90 Jahre alt.

Mit Anna hatte Rupert Murdoch drei Kinder: Elisabeth (im Bild), James und Lachlan.
Mit Anna hatte Rupert Murdoch drei Kinder: Elisabeth (im Bild), James und Lachlan. © (c) imago/United Archives International (imago stock&people)

Politisch und wirtschaftlich ist der Australier eine Großmacht ohne eigenes Land. Geboren 1931 in Melbourne als Sohn eines Verlegers, fühlte sich Keith Rupert Murdoch in jungen Jahren um sein Erbrecht gebracht: Ihm blieb bloß eine Provinzzeitung aus Adelaide, die er mit 21 übernahm. Für Murdoch war es der Startschuss für eine Expansionstour, ausgehend von Australien nach Großbritannien und in die USA. Seine Eroberungsfeldzüge vollzog er nach dem immer gleichen Muster: Zuerst kaufte er Boulevardmedien, dann Qualitätszeitungen und schließlich TV-Sender. Heute gehören ihm in Australien 140 Zeitungen, in Großbritannien schwingt er mit „TheSun" den Taktstock, in den USA mit „Fox News". Murdoch hat in 70 Arbeitsjahren eine Weltmacht aufgebaut.

Wie mächtig die Graue Eminenz bis heute ist, zeigte sich erst vor wenigen Wochen: Australiens Aufbegehren gegen Facebook kam derart in Fahrt, auch weil Murdoch für den nötigen Rückenwind sorgte. Es war ein Kräftemessen der ungleichen Auffassungen: Hier Murdochs Imperium, das Einfluss und Macht immer zur obersten Prämisse erhob. Dort ein Netzwerk, das in erster Linie an Profit interessiert ist und seine immense Macht erst ungestüm zu erforschen beginnt.

Der Tiefpunkt: Nach dem Spionageskandal müssen James und Rupert Murdoch 2011 im britischen Unterausschuss aussagen.
Der Tiefpunkt: Nach dem Spionageskandal müssen James und Rupert Murdoch 2011 im britischen Unterausschuss aussagen. © (c) imago images/ZUMA Wire (imago stock&people)

Rupert Murdoch ist berühmt und noch mehr berüchtigt. Sein Mittel ist die Zuspitzung, sein Einfluss nicht zu überschätzen. Die politischen Verflechtungen des Konservativen beleuchtet eine neue Arte-Doku. Die Grundthese: In Großbritannien passierte in den letzten Jahrzehnten keine große Entscheidung ohne Murdochs Einverständnis. Mit der „Sun" schrieb er TonyBlair zum Premierminister, er war für den Irak-Krieg, gegen den Euro-Beitritt und für den Brexit. Alles geschah nach Murdochs Vorstellungen. Zu seinem zweckrationalen Verhältnis zu Politikern zählt, sie fallen zu lassen, wenn dies den eigenen Interessen dient: Das musste jüngst DonaldTrump erleben, der jahrelang von der Nähe zu „Fox News" profitiert hatte. Murdoch weiß auch mit bald 90 Jahren noch, wann er loslassen muss. Das gilt auch für seine Ehe: Mit 82 ließ er sich zum dritten Mal scheiden, mit 84 ehelichte er Jerry Hall, die Ex-Frau von Mick Jagger.

Selten geriet das System Murdoch ins Wanken. Spätestens als Investigativjournalisten Ende aufdeckten, dass „News of the World" jahrelang rücksichtslos Prominente, Politiker und Unfallopfer abhörte, wurde der Australier zum Hassobjekt. Murdochs Einfluss war durch den Spionageskandal und die Formierung einer Anti-Murdoch-Kampagne rund um Formel-1-Legende Max Mosley erschüttert, aber nicht gebrochen. Sein Apparat erwies sich als so resilient, wie sein Erfinder zäh ist. Notfalls wird ein Arm abgeschlagen, der an anderer Stelle nachwächst: Murdoch opferte 2011 „News of the World", zahlte Millionen an Entschädigungen, gab sich reumütig und königlich: aufstehen, Krone richten, weitermachen.

Nicht nur politisch, auch familiär schätzt Murdoch das Machtspiel und inspirierte damit die Serie „Succession". Manches erinnert an das britische Königshaus, das ebenfalls zum Serienhit wurde ("The Crown"): Wie Prinz Charles warten auch Murdochs Kinder Elisabeth, James und Lachlan seit Jahrzehnten auf die Thronfolge. Der bald 90-Jährige lässt sich nicht drängen: Auch hier passiert alles, wie er es will.