Als in den Abendstunden des 12. Februar 2011 vonseiten PeterAlexanders Familie die Nachricht vom Ableben durchsickerte, ging kein Ruck durch die Nation. Zu lange hatte er sich schon zuvor von jedweder Öffentlichkeit zurückgezogen.

Und zu lange war auch die hohe Zeit jener Unterhaltung vorbei, die Peter Alexander so groß gemacht hatte. Devisen wie Liebe & Übermut waren Themen wie Sex & Renitenz längst gewichen. Bands wie die Scorpions oder Rammstein verkauften sich weit besser als Peter Alexander, dessen Umsatz zu Lebzeiten rund 54 Millionen Tonträger betrug.
Aber er war ein Allround-Entertainer, dessen Songs, Filme und Shows zeitweilig die Gemütslage des deutschsprachigen Raumes steuerten oder wenigstens wiedergaben.

Sein Kinodebut hieß „Der Engel mit der Posaune“, entstand 1948, und Peter Alexander hatte darin eine kleine Statistenrolle. 39 weitere Filme sollten folgen, sehr bald spielte der eloquente Wiener größere, dann nur noch Hauptrollen. Sein ursprüngliches Ziel, am Burgtheater zu reüssieren, hatte er schon früh aufgegeben. Er legte sich auf den charmanten, immer lustigen Typ fest, dem auch unschuldige Blödeleien nicht fremd waren. Besonders, wenn sein Spezi Gunther Philipp dabei war. Generalbotschaft: Nehmt das Leben nicht so schwer!

Peter Alexander Ferdinand Maximilian Neumayer, Sohn eines Bankangestellten und einer Hausfrau, hatte nach schulischen Schwierigkeiten in Wien 1944 im heute tschechischen Znaim die Matura geschafft. Danach wurde er zur Kriegsmarine eingezogen, um zu seinem Glück alsbald in britischer Gefangenschaft zu landen.

Sein Leben neigte sich offenbar schon früh auf die Butterseite: Die Monate militärischer Haft nutzte er dazu, sein schon vorher notorisches Show- und Parodietalent vor den Mitgefangenen zu erproben und zu optimieren. 1946 unterzog er sich dann einer professionellen Ausbildung am Wiener Max Reinhardt Seminar. Danach stürzte er sich regelrecht ins Filmgeschäft. Es waren die Wohlfühl-Regisseure jener Zeit, Franz Antel und vor allem Geza von Cziffra, die den feschen Lausbuben mit zunehmender Leidenschaft engagierten.

Ihre Filme trugen Trost verheißende Titel wie „Liebe, Tanz und 1000 Schlager“, „Die süßesten Früchte“, „So ein Millionär hat’s schwer“ und so ähnlich. Später kamen diverse Operetten und die Graf-Bobby-Serie mit dem kongenialen Komödianten Gunther Philipp dazu. Damals, als noch Massen in die Kinos strömten, wirkten solche Filme wie Stimmungsaufheller einer ganzen Nation.

Daneben nahm er Platte um Platte auf, 120 sollen es insgesamt gewesen sein. In Summe könnte man seine Film- und Sangeskarriere unter dem Titel seines bekanntesten Schlagers stellen: „Komm mit und steck dir deine Sorgen an den Hut“. Sein Publikum sah buntes Rampenlicht statt fahler Flakscheinwerfer, Tanzbein statt Stechschritt.

Er war wie gemacht für diese Zeit nach dem großen Krieg. In Person so harmlos, wie es gerne das ganze Land in den furchtbaren Jahren zuvor gewesen wäre. Ein charmanter Typ, dem man alles verzeihen konnte, so wie man sich selbst so gerne verziehen hätte. Und einer, der speziell mit seinen Liedern eine betrogene Generation zu Optimismus ermunterte, statt über die Finsternis der davorliegenden Jahre zu grübeln. Ein „Think positive!“-Prophet, lange bevor dieser Imperativ in Mode kam.

51 Jahre lang verheiratet. Peter Alexander mit seiner Hilde.
51 Jahre lang verheiratet. Peter Alexander mit seiner Hilde. © (c) APA/Istvan Bajzat (Istvan Bajzat)

Mit solchen Schalmeientönen war Peter Alexander nicht allein auf weiter Flur. Aber keiner verbreitete sie so überzeugend wie er, keiner schien über einen so unerschöpflichen Vorrat an angewandtem Frohsinn zu verfügen. Dass er zudem ein untadeliges Privatleben führte, machte ihn als Projektion gelungenen Seins noch vertrauenswürdiger.
Dass er sich, im Gegensatz zu Udo Jürgens, jedweder Sozialkritik oder, gottbehüte, politischer Äußerungen enthielt, war seinem Publikum offenbar auch recht. Alexander garantierte eine Art buntes Neverland, in dem die Widrigkeiten des Alltags Hausverbot hatten.

Das alles war nur sein Fundament. Der Aufstieg in den Olymp der Megastars, und ein solcher war er von den Sechziger- bis in die Neunzigerjahre, führte über das Fernsehen. Und zwar das gute alte deutsche Fernsehen mit seinen Rundfunkorchestern, seinen Balletts und seiner Hauptabendunterhaltung, für die es damals – von Privatsendern ungestört – noch ein einig Vaterland gab. Er war vermutlich der erste echte Voll-Entertainer deutscher Zunge. Frank Sinatra, Sammy Davis und Dean Martin mögen seine Vorbilder gewesen sein.

In rund 200 Peter-Alexander-Shows gab es kein harsches Wort, keinen falschen Ton. Dafür aber tolle Leistungen des Entertainers Alexander, der auch als Parodist, Pianist und Pointenschleuderer reüssierte. Das Publikum dankte es ihm mit regem Zulauf. Bis zu jeweils 40 Millionen Deutsche und Österreicher sahen die „Peter Alexander Show“, die bis Mitte der Neunzigerjahre regelmäßig auf dem Programm stand.
Das ging über fast 30 Jahre gut und ohne Probleme vonstatten. Vermutlich hatte das mit dem stabilisierenden Einfluss seiner geliebten Frau und später gestrengen Managerin Hilde zu tun. In den besten Zeiten vertraute er ihr auch beruflich vollkommen; Journalisten wussten, dass ohne sie absolut nichts ging, und ordneten sich ihrem bisweilen rigiden Diktat unter.

Nach und nach verwich die Figur Peter Alexander, langsam, vorerst fast unbemerkt. Aber während sich manche seiner Branchenkollegen zu Tode soffen oder koksten, blieb Alexander körperlich vital und gesund.
Es starb bloß jene Welt langsam weg, die in sein Tun und Treiben lange Heilserwartungen gesetzt hatte. Es gab immer weniger Leute, die solcherart Tröstungen bedurft hätten. Aber anders als manch anderer hat Peter Alexander auch später nicht auf Altersweisheit oder Charakterrollen gesetzt. Er blieb seinem Stil beharrlich treu. Und der schnöden neuen TV-Szene mit blanken Busen, brachialen Talkshows und chronischer Indiskretion mochte er sich nicht mehr aussetzen.

Sein Rückzug hatte etwas mit persönlicher Würde zu tun. Die emotionell heftigste Fraktur erlitt Peter Alexander dann wohl 2003, als seine Frau Hilde, nach 51 Jahren Ehe, überraschend starb. Da muss ihm buchstäblich ein Teil seines Herzens gebrochen sein. Mit einer radikalen Konsequenz wurde er für die Allgemeinheit quasi unsichtbar. Und der Unfalltod seiner Tochter Susanne sechs Jahre später auf der thailändischen Insel Ko Samui ließ ihn vollends in sich kriechen. Nur sein allerengster Freundeskreis hatte noch Zutritt zu seiner Grinzinger Villa in der Ehrlichgasse 8.

Zehn Jahre nach Alexanders Tod sind seine Spuren weitegehend verweht. Michael, sein zweites leibliches Kind, starb vor zwei Jahren, die Villa ist abgerissen, dort sollen Luxusappartements entstehen. Und die Blumensträuße am Grinzinger Friedhof sind schütterer geworden. – Peter, der Große, ist tot.