Gelegenheiten, den Zahlen-Irrtum früher zu bemerken, hätte es gegeben. Seit 2015 wurden Teletest-Messgeräte ausgeliefert, die einen Programmierfehler aufwiesen, der in Mehrpersonenhaushalten zu inkorrekten Zahlen führte. Das Ausmaß stieg mit den Jahren: Je mehr defekte Geräte ausgeliefert wurden, desto größer wurde die Fehlerquote.
Bei einer externen Revision blieb der Irrtum unentdeckt: „Diverse Überprüfungen, darunter ein Audit in 2016, haben diesen Fehler leider nicht erkannt, da er nur sehr schwer bis kaum zu erkennen gewesen war“, heißt es vom durchführenden Marktforschungsinstitut GfKAustria gegenüber der Kleinen Zeitung zerknirscht. Man spricht von einem „historisch bedingten und bedauerlichen Fehler im Programmier-Code“.

Reichweiten und Marktanteile zählen zu den elementaren Indikatoren für den Erfolg von TV-Sendern und sind die Grundlage für den Verkauf von Werbezeiten. Im Gegensatz zu 2016, als Manipulationen beim Radiotest öffentlich wurden, dürften die Auswirkungen diesmal jedoch überschaubar und ein Versehen sein: Maximal fünf Prozent der Reichweite soll die Abweichung betragen, heißt es vom ORF. Konkreter: War für eine Sendung 2020 eine Quote von einer Million Zuschauern angegeben wären es also tatsächlich mindestens 950.000 gewesen. Weil alle Sender gleichermaßen betroffen sind, seien die Auswirkungen auf die Marktanteile minimal, heißt es.

Junger Trost für Puls4

Die Quotenbilanz für die österreichischen TV-Sender verzögerte sich entsprechend um rund drei Wochen. Gestern teilte die Arbeitsgemeinschaf Teletest (AGTT) die Zahlen mit: Das TV-Coronajahr 2020 kennt mit ORF 2 (22% Marktanteil) und ServusTV (3,4%) zwei klare Gewinner. Der Mateschitz-Sender ist damit erstmals stärkster Privatsender, während Puls4 (3,3%), ATV (3,2%) und ORF 1 (8,2%) schlechter abschneiden, als es die unkorrigierten Zahlen für 2019 behaupten. Weil die korrekten Ursprungsdaten von 2015 bis 2019 fehlen, könnten für diesen Zeitraum keine korrigierten Reichweiten errechnet werden. Entsprechend bleibt hinter der Vergleichbarkeit gegenüber den Vorjahren ein kleines Fragezeichen.

Gefragt, warum sich nur die Daten bis 2019 wiederherstellen lassen, heißt es von der AGTT gegenüber der Kleinen Zeitung: "Die Wiederherstellung ist an das Vorhandensein von Originaldaten gebunden, die nicht weiter in die Vergangenheit zurück vorliegen. Im Teletest fallen durch die sekundengenaue Messung enorme Datenmengen an."

Die ORF-Sendergruppe (inklusive ORF Sport+ und ORF III) kam im 2020 auf 33,2 Prozent in der Gesamtzielgruppe und kann sich damit deutlich steigern. Unter den 2000 meistgesehenen Sendungen waren im Vorjahr 1.997 im ORF zu sehen. Grund für diese Bilanz sind insbesondere die Zeit im Bild und die Bundesland Heute-Ausgaben.

Trotz eines allgemeinem Rückgangs beim Marktanteil darf sich Puls4 mit 5,1 Prozent über einen Rekord in der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährige freuen. Zum Vergleich: ServusTV liegt bei den Jungen bei 2,5 Prozent. Der Nachrichtensender Puls24 steigerte sich 2020 auf 0,5 Prozent. Konkurrent oe24.tv kam auf 0,8 Prozent.

Keine Auswirkungen hat der Teletest-Irrtum auf die Rekorde 2020: So bleibt der 15. März, der Tag an die Regierung die Ausgangsbeschränkungen verkündete, der reichweitenstärkste ORF-2-Fernsehtag seit Beginn des Teletests 1991. Entsprechend war auch die meistgesehene Sendung des Jahres die "Zeit im Bild" um 19.30 Uhr am 15. März: 2,719 Millionen Zuschauer saßen vor den Bildschirmen. - Ursprünglich waren vor der Teleltest-Korrektur 2,86 Millionen Zuschauer vermeldet worden.