Ein Barbar, der zum Römer wird, die Seiten wechselt und die Barbaren in die berühmte Varusschlacht im Teutoburger Wald führt. Soweit die Geschichte. Netflix strickt in der Serie „Barbaren“ rund den berühmten Arminius eine fiktionale Geschichte um Freundschaft, Macht und Ruhm.

Wenn man den Serientitel „Barbaren“ hört, denkt man an Geschichtsbücher, vielleicht an die negative Zuschreibung „Du Barbar“, was war Ihr erster Gedanke?
Laurence Rupp: Ich wusste grundsätzlich, um was es bei der Serie geht. Also um die Varusschlacht und um die Germanen. Ich habe die Drehbücher vor dem Casting gelesen und war wirklich happy, dass es endlich einmal eine so große Erzählung im Fernsehen und im deutschsprachigen Raum gibt. Hier scheitert es ja meist an den Finanzen, weil für eine Produktion wie diese braucht man viel Geld, viel Zeit, riesige Gewerke und Vorbereitungen.

Der historischen Figur des Arminius könnte man unterschiedliche Motivlagen unterstellen: Drang nach Freiheit und Befreiung, aber auch Gier nach Ruhm und Macht. Martin Kusej hat in seiner Inszenierung der Hermannsschlacht am Burgtheater Arminius in die Nähe eines „machiavellistischen Politikers“ gerückt. Wie haben Sie sich dieser ambivalenten Figur genähert?
Rupp: Ich bin zunächst ganz steril herangegangen und habe Geschichtsbücher und alles, was ich über Arminius und die Varusschlacht gefunden habe, gelesen und studiert. Dann habe ich versucht, mir ein Potpourri an Eigenschaften zusammenzulegen: Was die Leute dachten, wie der war, wie sie ihn vermutet haben. Und weil ich ja vom Theater komme, habe ich natürlich die „Hermannsschlacht“ von Kleist gelesen.

Welchen Einfluss hatte dieser Klassiker auf Ihre Rolle?
Rupp: Das war in jedem Fall ein ganz großer Motor für mich. Die Fähigkeit von Kleist, Geschichte zu erzählen! Dieser Input war sehr, sehr toll. Irgendwann musste ich mich aber von all dem Wissen entfernen und aus den Drehbüchern eine eigene Figur bauen. Und da habe ich dann meine künstlerische Freiheit durchgezogen und behauptet, so sehe ich den. Und genauso habe ich es dann gemacht.

Gab es gar keine Vorgaben, wie die streitbare Rolle des Arminius beim Publikum ankommen soll?
Rupp: Nicht unbedingt. In den paar Drehbuchfassungen war es für mich fast so, dass er immer alles richtig macht, zu viel Held ist. Aber das ist ohnehin eine Heldengeschichte, wir müssen das Heldentum nicht dreifach unterstreichen. Ich glaube, dass er umso mehr Held wird, wenn wir ihm auch menschliche Züge zuschreiben. Mir war es wichtig, das zweischneidige Schwert so einer Figur zu zeigen. Allein, dass man 15.000 Menschen auf eine Schlachtbank führt, ist ja auch keine positive Eigenschaft, die man ihm zuschreiben kann.

Eine Frage, die Sie in der Serie in den Raum werfen ist: Wofür kämpfen wir? Lässt sich die Botschaft ins Heute transferieren?
Rupp: Zumindest ein gewisser Teil von uns Menschen kämpft heute noch für soziale Gerechtigkeit und eine Gerechtigkeit über nationale und kulturelle Grenzen hinweg. Trotzdem klescht es jeden Tag – die Lage an den EU-Außengrenzen ist seit langem prekär, gerade in Moria leiden tausende unter inhumanen Zuständen, die die europäische Flüchtlingspolitik verursacht hat. Was also braucht es, um für die Dinge zu kämpfen, die uns wichtig sind, ohne kriegerisch und menschenverachtend zu handeln?