Das RadioKulturhaus kann auch keine öffentlichen Veranstaltungen mehr durchführen, ist aber im Radioprogramm präsent. Wie organisieren Sie den neuen Alltag und was sind die besonderen Herausforderungen?
THOMAS WOHINZ: Das ORF RadioKulturhaus präsentiert sich in diesen schwierigen Zeiten als digitaler Kulturversorger. Wir haben vor drei Jahren eine ferngesteuertes HD Videosystem im Großen Sendesaal installiert, mit dem wir seither unsere Veranstaltungshighlights auch im Bild fernsehtauglich aufzeichnen. Die Aufnahmen werden im ORF Archiv gespeichert und bieten uns jetzt die Möglichkeit, unserem Publikum jeden Abend Kulturprogramm ins Wohnzimmer zu liefern. Sogar weit über Österreich hinaus wird unser Kulturangebot begeistert angenommen – was uns natürlich sehr freut. Darüber hinaus möchten wir auch die heimische Musikszene unterstützen: Österreichische Musiker und Musikerinnen sowie Bands stehen nach der Absage ihrer Konzerte vor existenziellen Sorgen. Nicht nur die Konzerteinnahmen fallen dabei weg, sondern auch die so wichtige Promotion. Mit den Konzerten aus dem RadioKulturhaus-Archiv möchten wir die Musik heimischer Künstler und Künstlerinnen daher verstärkt in den Fokus rücken.

Thomas Wohinz
Thomas Wohinz © ORF/Ingo Pertramer


Welche Maßnahmen wurden ergriffen, damit das Werkl weiterrennt?
Da wir zur Zeit ja keine Veranstaltungen machen, können wir alle im Homeoffice arbeiten. Wir sind technisch gut ausgestattet und als kleines effizientes Team funktioniert unsere Zusammenarbeit sehr gut. Natürlich tauschen wir uns täglich als Team via Skype und sonst über Mail aus und hoffen, dass wir bald wieder Normalbetrieb aufnehmen können – die Situation ist für alle eine ungewohnte Herausforderung.

Welche Schätze heben Sie jetzt, um die Menschen mit Inhalten und Unterhaltung zu versorgen?
Das Programm für die nächsten beiden Wochen steht bereits (siehe Info), weiters planen wir für 14. April „Traum und Albtraum“, ein Nightmare von Gerhard Fresacher, der eigens für das ORF RadioKulturhaus eine multimediale Musikperformance gemeinsam mit Videoregisseur Karl Pridun und Musiker Oliver Welter konzipiert hat, die im Februar 2017 im Großen Sendesaal aufgeführt wurde. Nach „dark city“ und „ glashaus menschenleer“ war dies der letzte Teil der Trilogie „town.heart.mother“. Franz Kafkas Erzählung „Ein Landarzt“ wurde szenisch erweitert mit Schauspielern umgesetzt und mit Videokulissen und Kostümen „bebildert“. Gerhard Fresacher ist ein vielseitiger spannender Künstler an der Schnittstelle zwischen bildender und darstellender Kunst, der in seinen Projekten immer neue Herangehensweisen ausprobiert. Genau für solche Projekte sind die Bühnen des RadioKulturhauses geeignetes Experimentierfeld. Ich freue mich immer, wenn ich exzellente Künstler, die aus meiner Heimat Kärnten stammen, bei uns präsentieren darf.

Haben Sie einen persönlichen Favoriten, den Sie schon lange wieder einmal „herzeigen“ wollten?
Wir haben am 18. März mit einem wirklich sehr schönem Konzert von „5/8erl in Ehr’n“ gestartet. Ich freue mich auch auf das Konzert von Gustav, die ebenfalls für das RadioKulturhaus ein eigenes Programm „Revolution und Reue“ zusammengestellt hat, das außerhalb so noch nie zu hören war (26. März) und auf das 20-Jahre RadioKulturhaus-Jubiläumskonzert „Liebe Sophie“! Hier hat der Jazzmusiker und Komponist Franz Koglmann gemeinsam mit David Schalko für uns einen sehr düsteren Krimi geschaffen, der vom ORF Radio-Symphonieorchester Wien und dem Chamber Jazz Trio Koglmann/Arcari/Pasztor unter der Leitung von Carsten Paap 2017 uraufgeführt wurde. Auf diese Ausstrahlung freue ich mich ganz besonders. Gelesen wird „Liebe Sophie“ übringens von Schauspieler Markus Hering und die Regie hat für uns ein weiterer Freund des Hauses gemacht, Julian Pölsler.

Think positive: Was tun Sie gegen allfälligen Frust?
Es gibt keinen Grund für Frust! Einerseits weil ich denke, dass wir diese Situation alle gemeinsam gut überstehen werden und andererseits, weil ich im Home Office weiterhin täglich mit wundervollen künstlerischen Inhalten zu tun habe. Schön ist auch, dass mein kleiner Sohn mit seiner unbändigen positiven Energie bei mir zu Hause ist. Wir lernen täglich einen Buchstaben. Ohne Corona hätte das nicht geklappt so früh ;-)!