Das alte Puch-Fahrrad hat sich Michael Reisecker von der Schwiegermutter ausgeliehen. Mit ihm radelt er heute durchs Steyrtal, trifft beim „Mai-Anblasen“ eine gesprächige Klosterschwester, besucht einen Maultrommelspezialisten, schaut einem Schmied über die Schultern und geht auf Tuchfühlung mit Straußen. Seit 2009 ist das Michael Reiseckers Beruf und wohl auch Berufung. Mit seinem bis heute hierzulande einzigartigen Roadtrip-TV namens „Reiseckers Reisen“ macht er Österreich und manchmal auch das Ausland zur Begegnungszone. Heute beginnt die sechste Staffel.

„Da ist die Kamera, da ist das Mikrofon“, erklärt Michael Reisecker am Beginn von Gesprächen routiniert. Von dieser Information abschrecken lassen sich nur wenige. Die in der Brille „versteckte“ Kamera (tatsächlich wird freilich niemand heimlich gefilmt) ist seit der ersten Sendung dieselbe. Erst in dieser Staffel, ab der zweiten Folge, wird die alte Industriekamera durch eine neue ersetzt. Aber das Bild ist in diesem Format ohnehin nicht so wichtig wie die Stimmen und der Ton, betont der Regisseur, der auch schon Skilehrer und Mechaniker war und Material- und Verarbeitungstechniker studiert hat.

Im Vorjahr mussten sich Seher mit Wiederholungen begnügen, auch weil der oberösterreichische Dokumentarfilmemacher mittlerweile zweifacher Vater ist. Doch nicht nur die Jungfamilie, auch die Produktion der „Reise“-Folgen ist zeitintensiv: Fünf bis sechs Tage braucht es für die Dreharbeiten einer einzigen Folge. Dazu kommt der aufwendige Schnitt, den Reisecker als „Mosaikarbeit“ beschreibt. Nur ein kleinerer Teil der Gespräche schafft es in die Sendung: „Das ist hart fürs Herz“, beschreibt er den schwierigen Auswahlprozess.

Im ORF-Programm arbeitet sich die Sendung jedes Jahr um einige Minuten nach vorne: Von 23.30 auf 23.25, heuer geht „Reiseckers Reisen“ schon um 23.15 Uhr auf Sendung. Die späte Stunde hat dem Erfolg des Reportageformats nicht geschadet. Im Schnitt schalteten bei der letzten Staffel 144.000 Menschen kurz vor Mitternacht ein.
Die neue Staffel führt in zehn Folgen durchs Land: Nächste Woche geht es auf die Donauinsel, danach über die Grenze nach Südtirol und am 12. November kurvt Michael Reisecker auf dem Rad der Schwiegermama durch Graz. Es folgen etwa das Salzburger Seenland (26. 11.), Hallstatt (3. 12.) sowie Ottakring und der Kärntner Weißensee (beides am 10. 12.). Mit dem Abschluss hat Reisecker besondere Freude: „Der Sonne entgegen“ (17. 12.) ist eine Hommage an die Lieblingsserie seiner Kindheit. Für die Zukunft schwebt ihm „Reiseckers Reisen 2.0“ vor. Den Diesel-Bus links liegen lassend, würde er gern mit Zug und Rad in Europa unterwegs sein.