Es ist Ihr erster „Tatort“: Welchen Bezug haben Sie zu dieser Fernsehinstitution?

CATALINA MOLINA: Für mich war der „Tatort“ immer sehr kultig und oberste Fernsehliga. Als ich die Anfrage bekam, habe ich sehr viele, insbesondere Wiener, „Tatorte“ angeschaut - und bin ein bisschen reingekippt. Vor allem in die beiden Kommissare, die finde ich super.

Was macht das Spezifikum des Austro-„Tatorts“ aus?

Die beiden sind ein Super-Team, es herrscht eine gute Chemie, auch privat. Sie sind keine aalglatten Figuren, haben Schmäh und kommen gut miteinander aus, reiben sich aber auch aneinander. Und das Wienerische ist sehr charmant - vor allem für die Zuschauer im benachbarten Ausland. Zudem sind die Geschichten doch recht mutig.

Sie meinen Fälle, die politische Verhaberung entlarven?

Ja, man darf politisch unkorrekt sein und hat formal viele Freiheiten. Das haben mein Team und ich genossen.

Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser beim Dreh an der Donau
Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser beim Dreh an der Donau © ORF

Im Fernsehen herrscht seit Jahren Hochzeit für Krimis. Oft dienen sie als Folie für andere Geschichten. Was wollten Sie mit Ihrem Fall erzählen?

Aus aktuellem Anlass heraus finde ich es sehr gut, dass man sieht, welche Macht die Politik hat, wie Sachen vertuscht, verbogen und verfälscht werden, um gewisse Leute aus der Affäre zu ziehen. Am meisten interessiert hat mich die von Cornelius Obonya gespielte Hauptfigur. Das ist ein Politiker, der irgendwie psychopathisch ist, von einem Moment zum anderen switcht: Er ist einmal aggressiv, dann plötzlich zärtlich, dann wieder cholerisch. Man kann ihn nicht einschätzen. So etwas ist immer auch Gefahr.

Warum?

Weil man nicht weiß, ob man ihm glauben soll, was er getan hat oder nicht. Weil man nicht weiß, wer Opfer oder Täter ist. Damit kann man im Film aber auch super spielen. Das war gar nicht die Frage, oder? Jetzt habe ich wie ein Politiker geantwortet (lacht). Was wollte ich noch transportieren? Das liegt immer auch im Auge des Betrachters. Jede und jeder wird hoffentlich etwas anderes mitnehmen, sehen wollen oder nicht sehen wollen.

In einer Szene kommt Moritz Eisner, also Harald Krassnitzer, vom Innenminister zurück, und Bibi Fellner, also Adele Neuhauser, sagt den Satz: „Wir hätten uns nicht gedacht, dass so etwas möglich ist.“

Das Gespräch hat nie stattgefunden (lacht).

Das ist, nach den aktuellen Ereignissen rund um Ibiza, schon fast satirisch.

Ich habe mir den „Tatort“ nach dem Strache-Video noch einmal angeschaut, damit ich ihn frisch habe. Die Parallelen mit dem Innenminister und die Korruptionsvorwürfe erscheinen plötzlich sehr aktuell.

Diesem Fall liegen auch wahre Begebenheiten zugrunde - die Vorfälle um einen steirischen Arzt, der jahrelang seine Kinder gequält haben soll.

Ich habe das Buch nicht geschrieben. Ich habe gewusst, auf welcher Geschichte das basiert und habe dann alles dazu gelesen, was ich gefunden habe.

Dieser „Tatort“ mit seinen vielen Nachtaufnahmen ist sehr düster. Es scheint, als wolle man die Figuren ganz ausleuchten.

Wir wollten einen sehr atmosphärischen Film über das Großbürgertum Wiens machen. Deswegen auch die „Kleine Nachtmusik“.

Wird es eine „Tatort“-Fortsetzung von Ihnen geben?

Gern, und ich wurde schon angefragt. Aber ich hätte Lust, das Drehbuch selbst zu schreiben oder zumindest im Prozess des Schreibens dabei zu sein.