Das Betthupferl des Alt-Punks Falke (Wotan Wilke Möhring) ist kleinkindtauglich. Er schlürft Milch aus dem Glas, sein Kater Elliot aus dem Schüsserl. St. Pauli war auch schon einmal wilder als im heutigen „Tatort“.
Der Hass, er wütet längst andernorts. In der Vorstadt, der mittelmäßig hübschen. Dort, wo der wohlbehütete, aber sich benachteiligt fühlende Mittelstand zu Hause ist. Dort, wo die Welt eigentlich in Ordnung ist. Die Menschen im Grätzel mit dem harmlosen Namen Neugraben sind die neuen Wutbürger und Wutbürgerinnen. In ihrem Hass stacheln sie sich gegenseitig an, formieren sich zu einem Lynchmob und frönen Rachegelüsten. Mit jeder Minute wird eine neue Schwelle im Reigen der Unzufriedenheit überschritten. Deswegen schlägt ihnen auch der Hass des Wutkommissars Falke entgegen, der ahnungslos durch die feindselige Welt der sozialen Medien taumelt und dort selbst zum Shitstorm-Opfer wird.
Der Titel „Tatort: Treibjagd“ ist Programm. Falke und Julia Grosz (Franziska Weisz) sind immer einen Tick zu langsam, sie sind Jäger und Gejagte. Oft schwingen die „Tatort“-Macher die Moralkeule zu deftig, in diesem Fall aber skizzieren sie in jeder Szene die Bruchlinien der Verbitterung atemberaubend authentisch. Ein starker, schmerzhafter Fall.