Jubel und stehende Ovationen erntete man beim Münchner Filmfest, seit Freitag ist „Wackersdorf“ im Kino zu sehen. Erzählt wird eine Geschichte von 1985, als dort beschlossen wurde, eine Atomaufbereitungsanlage zu errichten. Ein SPD-Politiker und anhaltende Protestdemos brachten das Projekt 1989 zu Fall. Johannes Zeiler verkörpert den sozialdemokratischen Landrat Hans Schuierer.

Ausgerechnet ein Oststeirer spielt einen oberpfälzischen Politiker. Wie kam es dazu?
JOHANNES ZEILER: So genau weiß ich das nicht. Vielleicht, weil mich Regisseur Oliver Haffner noch aus dem Wiener Reinhardt-Seminar kannte. Wir beide haben dort studiert.

Haben Sie gleich zugesagt?
Ja, weil es sich ganz klar um ein wahnsinnig gut geschriebenes Drehbuch und eine ebenso gut geschriebene Rolle handelte.

Gab es für Sie keine Dialekt-Probleme?
Ich komme aus der Oststeiermark, und es ist sprachwissenschaftlich erwiesen, dass der dortige Dialekt durch Zuwanderung aus der Oberpfalz beeinflusst wurde. Wobei ich im Film nicht den reinen oberpfälzischen Dialekt sprach, der wäre für einen Großteil des Publikums nicht leicht verständlich gewesen. Wir haben eine eigene Tonalität gefunden.

Wann sind Sie dem wirklichen Ex-Landrat Schuierer zum ersten Mal begegnet?
Am Drehort, aber nur kurz. Das war mir ganz recht, denn sonst wäre ich vom Vorbild vielleicht zu abhängig und nicht frei gewesen. Richtig ins Gespräch kamen wir erst, nachdem der Film abgedreht war.

Welchen Eindruck haben Sie von ihm mitgenommen?
Er ist ein kräftiger, überzeugender Charakter, der es versteht, auf Menschen zuzugehen. Aufgrund des ihm angetanen Unrechts ist er in einem gewissen Grad verbittert. Man hat ihn damals von politischer Seite kaltgestellt, aber er gab nicht auf und kämpfte als Privatmann weiter. Die „Lex Schuierer“ existiert noch heute. Es gibt da einen Verdienstorden, den in Bayern jeder Landrat erhält, wenn er in Pension geht. Er ist der einzige, der ihn nie bekam.

Fehlen Ihrer Meinung nach Leute wie Schuierer heute?
Menschen, die ein solches Risiko eingehen und ihre Existenz riskieren, sind dünn gesät. Vor allem in der Welt der Politik.

Warum fehlt die Zivilcourage?
Ich glaube, dass die jetzige Generation verlernt hat, zu kämpfen, etwas zu riskieren. Vielleicht aufgrund der fetten Jahrzehnte, die wir hatten. So haben sich die Menschen mehr und mehr auf das unmittelbare persönliche Wohlergehen konzentriert.

Was war für Sie beim Dreh ein besonderer Moment?
Schuierers Rede am Bauzaun, die in den Worten „Wir erdulden keine Demokratur!“ gipfelte. Diese Rede hat er in exakt denselben Worten wie im Film gehalten. Das ist absolut authentisch.

Sie haben mit einem neuen Projekt begonnen, als Hauptdarsteller der Serie „Erbschaftsangelegenheiten“, in der Sie einen Erbschaftsermittler spielen?
Wir haben acht Folgen abgedreht, und die Serie hat mittlerweile einen anderen Titel, nämlich „Letzter Wille“. Für mich bis jetzt ein großer Genuss, diesen Typ namens Paul Schwartz zu spielen, weil die Rolle so viele Facetten hat. Er ist ein soziophober Einzelgänger, andererseits aber ein geschickter Kommunikator, und die Geschichten finden in skurril-spannungsgeladener Atmosphäre statt.