Die jährliche Ausstellung der weltbesten Pressfotos zählt zu den Highlights im Programm der Wiener Fotogalerie Westlicht. 2017 kamen mehr als 26.000 Interessierte zur World Press Photo, fast ein Drittel der jährlichen Gesamtbesucherzahl. Heuer gastiert die Auswahl bereits zum siebzehnten Mal in der Westbahnstraße. Die Schau läuft bis zum 21. Oktober.

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht natürlich immer das World Press Photo des Jahres. Diesmal kürte die Jury ein Bild des Agence France-Presse Fotografen Ronaldo Schemidt mit dem Titel "Venezuela Crisis". Es zeigt einen laufenden jungen Mann mit Gasmaske, dessen Oberkörper in Flammen steht, vor einer roten Ziegelwand, auf der das Graffito einer Pistole zu sehen ist, vor deren Lauf "Paz" geschrieben ist. Frieden.

Um die Ecke wird in der Schau eine vierteilige Serie gezeigt, mit der Juan Barreto die Geschichte des spektakulären Fotos seines Kollegen erzählt: Der 28-jährige José Victor Salazar Balzar fing bei Protesten gegen die geplanten Verfassungsreformen von Staatspräsident Nicolas Maduro am 3. Mai 2017 in Caracas bei der Explosion eines Motorrads Feuer. Er überlebte mit Verbrennungen ersten und zweiten Grades.

Ronaldo Schemidts Foto: "Venezuela Crisis"
Ronaldo Schemidts Foto: "Venezuela Crisis" © (c) RONALDO SCHEMIDT

Schemidt wurde für sein Foto im April in Amsterdam mit dem mit 10.000 Euro dotierten ersten Preis ausgezeichnet. Insgesamt hatten sich mehr als 4.500 Fotografen mit über 73.000 Fotos an dem Wettbewerb beteiligt. Alle ausgezeichneten Werke touren nun in einer Ausstellung durch insgesamt 45 Länder.

Wie immer sind auch diesmal etliche Fotos dabei, die schockieren. Die radikalste Gewaltdarstellung findet sich auf einem Bild, das Ryan M. Kelly exakt in jenem Augenblick geschossen hat, als im August 2017 in Charlottesville ein Auto in eine Gruppe Demonstranten raste. Terrorattacken, Amokläufe und die Eroberung von Mossul finden sich auf etlichen Fotos dokumentiert. Die Flüchtlingsproblematik ist hingegen nicht mehr so dominant wie in den Jahren zuvor.

Zwei Entwicklungen konstatiert Sanne Schim van der Loeff von der World Press Photo Foundation in Amsterdam: "Einerseits zeigen Fotos immer mehr, dass Migration wirklich ein globales Problem ist. Zum anderen haben Fotografen mehr Zeit, in die Tiefe zu gehen und beleuchten mehr einzelne Schicksale." Um nicht mehr nur das einzige Weltpressefoto des Jahres als internationale Story zu featuren, sondern mehr Geschichten transportieren zu können, sei man zu einem Nominierungssystem übergegangen, das zunächst sechs Fotos in eine Endrunde gelangen lässt, erzählt Schim van der Loeff.

Um den immer wichtigeren Umweltgedanken besser ins Licht rücken zu können, habe man der Natur-Kategorie erstmals eine Umwelt-Kategorie beigestellt. Hier gewann der Südafrikaner Neil Aldridge mit dem Foto eines betäubten jungen Breitmaulnashorns, das zum Schutz vor Wilderern von Südafrika nach Botswana umgesiedelt wird. Zu den Fotos, die Schönheit und Ruhe ausstrahlen, zählt die Serie "Finding Freedom in the Water" der US-Fotografin Anna Boyiazis. Sie zeigt einen Schwimmkurs junger islamischer Mädchen auf Sansibar.

Parallel zu der World Press Photo Ausstellung ist das deutsch-schweizerische Künstlerduo Jojakim Cortis und Adrian Sonderegger mit seine Serie "Icons" zu sehen: Die beiden bauten Ikonen der Fotogeschichte wie Robert Capas fallenden Milizionär im spanischen Bürgerkrieg oder Stuart Franklins Aufnahme des "Tank Man" vom Tian'anmen Platz (1990 mit einem World Press Photo Award ausgezeichnet) als dreidimensionale Dioramen in ihrem Atelier nach. Diese Modelle wurden anschließend fotografiert. "Durch diese doppelte Inszenierung machen sie Fragen sichtbar, die das Medium Fotgrafie von Anbeginn begleiten", erläutert Rebekka Reuter, die Chefkuratorin des WestLicht, die "Icons" kuratiert hat. WestLicht sei bis März 2019 gesichert, sagt sie. "Für die Zeit danach gibt es momentan ein großes Fragezeichen."