Was passiert im heutigen 1000. "Tatort: Taxi nach Leipzig"?

Die Hannover Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Klaus Borowski (Axel Milberg) aus Kiel müssen zu einem öden Polizeiseminar über Deeskalation in Braunschweig antanzen, von dem sie genervt früher abreißen und sich, unbekannterweise, ein Taxi teilen.  Am Lenkrad sitzt ein ehemaliger, verstörter Elitesoldat (beängstigend gut: Florian Bartholomäi), der einem Mitfahrer vor den Augen der beiden das Genick bricht und die Kommissare als Geiseln nimmt. Er hat einst im Afghanistan-Einsatz aufgrund des Befehls seines Vorgesetzten unschuldige Zivilisten getötet. Seine Ex will nun ausgerechnet diesen Mann am nächsten Tag heiraten. Da rastet er aus.

Gibt es einen gesellschaftspolitischen Auftrag?

Natürlich. Der Kalte Krieg ist zwar Geschichte, aber an vielen anderen Fronten tobt der Krieg auch 46 Jahre nach der Auftaktfolge der Kult-Krimireihe weiter. Nicht wenige deutsche Soldaten waren in Kriegsgebieten im Einsatz - und haben den Krieg mit nach Hause genommen. Und umgekehrt fischen extremistische Seelenfänger des "Islamischen Staates" unverfroren und radikal in Europa nach Nachwuchs.

Was ist das Besondere an dem Fall?

"Taxi nach Leipzig" hieß die nach deutscher Rechnung allererste Folge des Kultkrimis. Sie wurde am 29. November 1970 ausgestrahlt und von der Kritik verrissen. Heute gilt der Fall, in dem sich der Cognag saufende autoritäre Hamburger Kommissar Paul Trimmel (Walter Richter) mit einem Taxi über die Grenze in die DDR schmuggelt als legendär. Der 1000. Fall der legendären Krimireihe ist eine tiefe Verbeugung vor dem 46 Jahre alten Prototypen. Und gleichzeitig eine Liebeserklärung an das Genre. Und eine subtil bissige Figurenzeichnung des TV-Kommissars.

Wie schlagen sich die Kommissare Lindholm und Milberg?

Zunächst desaströs. Hätten sie bloß besser beim Deeskalationsaufgepasst! Lindholm ist mit einem Date mit ihrer Affäre beschäftigt und Borowski schmollt noch immer, weil ihm jemand das letzte Brötchen vom Buffet weggeschnappt hat. Kommissare, einzig mit sich alleine beschäftigt. Später versuchen sie Besänftigungsstrategien, die alle im Sand verlaufen. Irgendwann fangen sie sich wieder. Und ein bisschen darf man das als Metapher verstehen für das Bild des Kommissars im TV.

Wie spannend ist dieser "Tatort"?

Extrem spannend. So viel sei verraten: in tiefschwarzer Nacht gelingt den Beamten die Flucht durch den düsteren, von Wolfsgeheul vertontem Wald, die Flucht. Gruselig. Auch das Ende, frühmorgens, in einer Wohnstraße ist unerwartet.

Soll man heute Abend um 20.15 Uhr einschalten?

Unbedingt. Die 1000. Folge ist ein klaustrophobisches On-the-Road-Kammerspiel in einem Auto. Wer das versäumt, der ist kein echter "Tatort"-Fan!