Etwa 1.100 der kunstvollen Bronzen aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897. Ziel der Bundesregierung sind substanzielle Rückgaben in diesem Jahr, zunächst aus den fünf größten Beständen. Auch im Weltmuseum Wien gibt es umfangreiche Benin-Bestände. "Es ist eine allgemeine europäische Diskussion, man sollte sich in Österreich da nicht zurücklehnen. Ich glaube, die Politik sollte das in Angriff nehmen und die Chance nutzen, eine österreichische Position zu entwickeln und die Diskussion darüber anzuregen", hatte der neue Museumsdirektor Jonathan Fine in einem APA-Interview bekräftigt.

Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth will alle deutschen Museen mit solchen Objekten im Jänner zusammenbringen. Roth sieht "einen weißen Fleck in unserer Erinnerungskultur. Das sind die Themen Kolonialismus und Dekolonialisierung."

Von der Rückübertragung verspricht sich der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, Auswirkungen auf neue internationale Zusammenarbeit. "Wir haben mit der nigerianischen Seite vereinbart, dass weiterhin Kunst aus Benin in Berlin und in anderen deutschen Museen gezeigt werden kann", sagte Parzinger der dpa. "Dies wäre dann auch ein zukunftsfähiges Modell einerseits für die Aufarbeitung von kolonialem Unrecht sowie andererseits für ein neues Miteinander, das weiterhin die Zirkulation von Weltkunst ermöglichen soll." Was zurückgehen werde und welche Objekte als Leihgaben gezeigt werden könnten, werde im Detail zu besprechen sein. Parzinger regte zudem eine internationale Vereinbarung an, in der sich "die europäischen Staaten zusammen mit den Herkunftsländern einmal grundsätzlicher zur Frage des Umgangs mit Kulturgütern aus kolonialen Kontexten verständigen".

Die neue Vorsitzende der Kulturministerkonferenz der Länder, Nordrhein-Westfalens Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, plädierte für Offenheit. "Erstmal muss alles auf den Tisch", sagte die parteilose Ministerin der dpa in Berlin. Dafür sei eine digitale Plattform freigeschaltet worden. "Dieser Prozess muss fortgesetzt werden: aufklären, Kontakte finden - gerade bei Kunst im kolonialen Kontext ist es wichtig, die richtigen Partner zu identifizieren, an die etwas zurückgegeben werden kann."

Für Baden-Württembergs Kunstministerin Theresia Bauer geht es dabei nicht darum, einen Wettlauf zu starten um möglichst viele zurückgegebene Kulturgüter. Ziel sei es auch nicht, "unsere Museen leerzuräumen", sagte die Grünen-Ministerin der dpa in Stuttgart. "Ziel ist es vielmehr, dass wir insgesamt ein neues Verhältnis bekommen zu den Dingen, die aus problematischen Kontexten in unseren Museen angelandet sind und dass mit größerer Sensibilität beim Einkauf oder bei der Ausstellung von Objekten vorgegangen wird."

Der Generalintendant des Berliner Humboldt Forums, Hartmut Dorgerloh, warnte vor falschen Erwartungen. "Auch bei Restitutionen gelten nicht unsere Zeitmaßstäbe", sagte Dorgerloh der dpa. "Zwischen Entscheidungen und deren tatsächlichen Umsetzung können manchmal Jahre liegen. Partnerschaft heißt dann, sich auch auf andere Zeitvorstellungen und auf andere Abläufe einzulassen." In Deutschland gelte es, ein klares Signal zu senden und die unmissverständliche Bereitschaft zu erklären, dass restituiert werden soll.

Für Berlins Kultursenator Klaus Lederer darf die Rückgabe nicht zur "Frage eines Ablasshandels" werden. "Es geht nicht darum, mit großer symbolischer Geste einzelne ausgesuchte Sammlerstücke zurückzugeben und danach einen Haken an die Sache zu machen", sagte der Linke-Politiker der dpa in Berlin. Man müsse auch über postkoloniale, globale Beziehungen, ungerechten Welthandel und fortgesetzte Ausbeutung in der Gegenwart reden, die auch auf koloniale Wurzeln zurückzuführen seien.