Wie das Kunstverständnis eines Oswald Oberhuber auf einen Nenner bringen? Vielleicht gar nicht und das wäre ganz in seinem Sinne, denn ein Wort beschreibt seine Kunst wohl am besten: Vielfalt, minus Beliebigkeit selbstverständlich. Während das Gros der Kunstwelt nach Einzigartigkeit, nach Unverwechselbarkeit strebt, war der Kompass von Oswald Oberhuber von Beginn anders ausgerichtet: Sich nie nur für eine Schiene entscheiden zu müssen. In der Nacht auf Freitag ist Oberhuber im Alter von 88 Jahren in Wien verstorben.

Der am 1. Februar 1931 in Meran geborene Oberhuber studierte Bildhauerei bei Fritz Wotruba und Willi Baumeister und gilt als einer der Begründer der informellen Kunst in Österreich. Formlos und spontan, einfach Oberhuber. Bereits im Alter von 24 Jahren legte er fest, wonach er sich selbst immer richten sollte: In einem Manifest rief er zur permanenten Veränderung der Kunst auf. Das sollte sein Dogma werden, wiewohl er sich gegen Dogmen querlegte. Also sagen wir besser: der rote Faden seiner Kunst.

Oswald Oberhuber bei der Eröffnung seiner Ausstellung 2016 im 21er Haus
Oswald Oberhuber bei der Eröffnung seiner Ausstellung 2016 im 21er Haus © (c) APA/BKA/ANDY WENZEL (ANDY WENZEL)

Um sein künstlerisches Lebenswerk zu veranschaulichen, der Versuch einer Spannweite: 2007 gestaltete er noch Snowboards, während er 2013 den Eisernen Vorhang für die Wiener Staatsoper entwarf. Flexibilität war Teil seines roten Fadens. Kein Zwang, sich keiner Mode unterwerfen, sich immer der jeweiligen künstlerischen Begeisterung hingeben. Sprich: Seine Kunst war Veränderung und seine Veränderung war die Kunst. Ein höchst individueller Ansatz, der mit dem Ruf der Spätmoderne nach kollektiver Flexibilität und maximaler Anpassungsfähigkeit rein gar nichts zu tun hat.

Ende der 1940er Jahre widmete er sich der informellen Plastik, während er sich fünf Jahre später in der gegenständlichen Malerei wiederfand - im wahrsten Sinne des Wortes auch in Selbstporträts. Auch im Zugang zu seinen Werkstoffen regierte die Flexibilität: Holz, Bronze, Gips, Karton, Stoff - sein Material-Horizont unterlag einer permanenten Veränderung. Über 300 unterschiedlichste Werke waren bei seiner letzten Werkschau im 21er-Haus zu sehen und es war der Versuch seine Bandbreite auszuloten: Kleiderentwürfe, Collagen, Schrift- und Zahlenbilder bis hin zu Selbstporträts. Ein Universalist wie er im Buche steht.

Stillstand war seine Sache nicht: Oswald Oberhuber
Stillstand war seine Sache nicht: Oswald Oberhuber © (c) APA (BARBARA GINDL)

So vielfältig wie sein Kunstverständnis war auch sein Beitrag für die Kunstinstitutionen: 1972 nahm er an der Biennale in Venedig teil, 1977 und 1983 an der documenta. 1973 wurde er Leiter der Galerie nächst St. Stephan und brachte etlichste Kapazunder ins Haus: Joseph Beuys, Lajos Kassak, Jim Dine, Gerhard Richter, A.R. Penck, Friedrich Kiesler, Franz West bis hin zu Vito Acconci. Bereits 1973 wurde er Professor an der Hochschule für angewandte Kunst. Sechs Jahre später sollte er deren Leiter werden und über viele Jahre hinweg das Haus prägen. Doch ganz ohne Schatten kommt auch die schillernde Vita nicht aus: Im Jahr 2000 wurde er wegen widmungswidriger Verwendung von Stipendiengeldern verurteilt.

Die Künstlerin und Oberhuber-Schülerin Eva Schlegel hat übrigens ihre eigene Interpretation des Werkes von Oswald Oberhuber: "Einfach Ossi". Und das ist eindeutig ein Alleinstellungsmerkmal.