Ein Kult-Kulturdenkmal wird zur qualmenden Ruine - Schottland trauert um eines seiner berühmtesten Wahrzeichen: Zum zweiten Mal binnen vier Jahren hat ein Großbrand das historische Hauptgebäude der Kunsthochschule Glasgow zerstört. Experten fürchten nun, der nach dem ersten Band mit Millioneninvestitionen wiederaufgebaute Sandsteinbau könnte einstürzen.

Das Feuer war aus bisher ungeklärten Gründen in der Nacht auf Samstag ausgebrochen. Obwohl die Feuerwehr mit einer Hundertschaft und Dutzenden Einsatzfahrzeugen anrückte, fraßen sich die Flammen durch alle Stockwerke des Prachtbaus und griffen rasch auf umliegende Gebäude über. Die Decke eines angrenzenden Konzerthauses von historischem Wert stürzte komplett ein. Selbst am Sonntag musste die Feuerwehr noch einzelne Glutnester löschen.

So sah das Hauptgebäude vor dem ersten Brand aus
So sah das Hauptgebäude vor dem ersten Brand aus © Twid/Wikimedia Commons

Als das architektonische Herzstück der Kunsthochschule 2014 zu großen Teilen niederbrannte, war ein defekter Projektor die Ursache. Die Kosten für den Wiederaufbau wurden von der Nachrichtenagentur Press Association auf bis zu 40 Millionen Euro beziffert. Im kommenden Jahr hätten die aufwendigen Arbeiten enden sollen.

Ein Feuerwehrsprecher sagte, die Mühen der vergangenen Jahre seien nun wohl gänzlich zunichte gemacht. Billy Hare, ein Professor für Baumanagement von der Kaledonischen Universität Glasgow sagte der BBC, es gebe einen wachsenden Konsens, das Gebäude abzureißen. Das Feuer könne die Stabilität des Baus beeinträchtigt haben, so Hare. Möglicherweise müsse es Stein für Stein abgetragen und wieder aufgebaut werden, doch das sei ein sehr teures Verfahren.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon zeigte sich zwar erleichtert, dass es keine Verletzten gab. Das Ausmaß der Zerstörung sei aber noch verheerender als vor vier Jahren, sagte sie bei einem Besuch am Unglücksort. Sturgeon sprach von einem "herzzerreißenden Anblick" und versprach "jegliche Unterstützung, die benötigt wird". Der Glasgower Parlamentsabgeordnete Paul Sweeney rief zu einem "nationalen Kraftakt" auf, "um eines der prächtigsten Denkmäler der weltweiten Architekturgeschichte zu retten und wieder aufzubauen".

Das Hauptgebäude der Hochschule war Ende des 19. Jahrhunderts nach Plänen des schottischen Architekten Charles Rennie Mackintosh (1868-1928) errichtet worden, einem wichtigen Vertreter des Jugendstils. Es gehört zu den bekanntesten Bauwerken des Landes und zieht jährlich Tausende Besucher an. Vom einstigen Touristenmagneten in Schottlands größter Stadt stehen jetzt nur noch die verrußten Außenmauern.

Viele Bewohner Glasgows treibt deshalb die Sorge um, das jüngste Feuer könnte ihrem geliebten Kulturdenkmal endgültig den Garaus gemacht haben. "Ich habe das Feuer 2014 gesehen, und dieses hier ist wesentlich schlimmer", berichtete der inzwischen als Journalist tätige Absolvent David Pratt. "Ich glaube, das Mackintosh-Gebäude ist am Ende. Völlig am Ende."