Einst nahm er Bertolt Brecht die Totenmaske ab: Der Bildhauer Gerhard Thieme ist am Sonntag mit 90 Jahren in Berlin gestorben, wie seine Familie der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag mitteilte. Vor allem in Berlin hinterlässt er zahlreiche Brunnen und Skulpturen.

1928 im sächsischen Rüsdorf geboren, war Thieme mit der Erzgebirgischen Tradition des Holzschnitzens aufgewachsen. Er studierte Kunst zunächst in Dresden, später in Berlin-Weißensee. Von 1952 bis 1956 war er Meisterschüler bei Fritz Cremer an der Akademie der Künste in Ostberlin.

Zusammen mit seinem Mentor Cremer nahm er 1956 dem berühmten Dramatiker Bertolt Brecht in dessen Sterbezimmer die Totenmaske ab. Erst im vergangenen Jahr war das sonst sorgsam gehütete Original für zehn Wochen im Brecht-Haus in Augsburg zu sehen.

Insgesamt gehören zu Thiemes Werk mehr als 50 Totenmasken - unter anderem von DDR-Staatsrat Walter Ulbricht, von Komponist Hanns Eisler sowie von der Tänzerin Gret Palucca. Für die DDR-Staats- und Parteiführung fertigte er zahlreiche Auszeichnungen und Gastgeschenke an.

In Berlin werden Bronzeplastiken wie die Tröpfelbrunnen "Kletternde Kinder" (Pankow) und "Berliner Typen" (Rathauspassagen) sowie der "Leierkastenmann" (Nikolaiviertel) an ihn erinnern.