Irgendwo auf halbem Wege zwischen Geburtsstätte und Wahlheimat, zwischen irrlichternder Ekstase und glasklarer Botschaft, steht Maja Osojnik, dreht an Reglern und webt ihre Schleifen. „Eigentlich ist das eh meine Heimat“, sagt die gebürtige Slowenin im Grazer Orpheum, nachdem sie keine Zweifel mehr daran gelassen hat, dass die Grenzen ihrer Musikalität so weit gesteckt sind wie ihr Stimmvolumen. Dass sie albtraumhafte Klangfassaden erschaffen und wieder einstürzen lassen kann. Dass sie aus einer unangenehm anmutenden Abfolge enervierender Töne mit Wiederholung, Lautstärke und Fokussierung so lange an der Komfortzone rüttelt, bis sich auch Feinheiten der Kompositionen erahnen lassen. Hat sich die eben eingesungene Fläche verändert?

„Jetzt kommt eine Ballade.“ Ja, sicher. Eingebettet in das Schlagwerk von Patrick Wurzwallner werden dem Publikum weitere Kostproben von Maja Osojniks Stimme zuteil. Behutsam haucht sie ihre Worte in das Mikrofon, bis sie im Loop zu einer Persiflage des Gesungenen selbst werden. „Wir sind 'Zsamm'“, wirft Drummer Wurzwallner mittendrin ein. Weil das, was da aus den Boxen dröhnt, ja einen Namen braucht. „Beneath Layers of Fear“ findet sich schließlich der Verdacht, dass man gar nichts fürchten muss. Außer vielleicht das Konventionelle.

Der unbeirrte Klang des Endes

Haley Fohr, oder Circuit des Yeux, wie sie sich im Kollektiv mit ihrer Band nennt, sorgt hingegen für etwas mehr Ausgewogenheit, gesteht auch der Harmonie zu, eine Rolle zu spielen. Auch wenn die lichten, unbeschwerteren Flecken ihrer Performance die Schatten umso länger werden lassen. Die Dame aus Chicago erlaubt ihrer Stimme nur eingeschränkt, den ganzen (Resonanz)Körper zu nutzen. Wenn sie allerdings aufs Ganze geht, bekommt man den Eindruck, als würde sie Geige, Keys, ja selbst das Schlagzeug auch ohne Mikrofon mühelos hinter sich lassen. Sie versteht es, ihrem Schmerz und ihrem Zweifel eindrucksvoll Ausdruck zu verleihen.

Dabei schafft die zierliche Frau Augenblicke, in denen man kaum zu atmen wagt. An einem Punkt muss das Auditorium seinen ganzen Mut zusammennehmen, um doch noch zu applaudieren. Streckenweise erinnert die Stimmlage Fohrs an jene von Hannah Reid.

Verschwenderisch ist der Hall über ihre Stimme gelegt. Und es hat etwas Zeremonienhaftes und Feierliches, wenn sie – die Arme erhoben und nur von Orgelklängen getragen – aus dem Abgrund rezitiert. Und es drängt sich die Befürchtung auf, dass die eigene Endlichkeit noch da ist, wenn das Licht ausgeht.