Maestro Fischer, diese Frage wurde schon oft gestellt, aber was ist Ihre Antwort: Warum steht Joseph Haydn im Schatten der beiden anderen Wiener Klassiker, Mozart und Beethoven?
ADAM FISCHER: Daran sind wir schuld. Wenn Haydns Musik nicht spannend genug interpretiert wird, dann kann sie langweilig werden. Das heißt, ihre Wirkung hängt stärker von der Fantasie der Interpreten ab. Bei einem schwach gespielten Beethoven oder Mozart kommt niemand auf die Idee, das wäre Schuld der Komponisten. Bei Haydn lasten wir das gern dem Werk an.
Dabei ist Haydn gewissermaßen der Erfinder der Wiener Klassik, und seine Musik ist überhaupt nicht einfach gestrickt.
Er war ein großer Innovator, seine Schüler hatten es leichter – und man soll ja gar nicht merken, wie kompliziert etwas komponiert ist.
Ihre Verbindung zu Joseph Haydn reicht sehr lange in die Vergangenheit zurück.
Haydn hat besondere Bedeutung für mich. Als ich mit fünf Jahren das erste Mal in einem Konzert saß, hörte ich Stücke von Haydn. Ich habe das Gefühl, dass ich eine Verantwortung für ihn habe. Ich kann nicht behaupten, dass ich Mozart, Beethoven oder Brahms weniger mag: Es ist wie mit meinen Enkeln, die habe ich alle gern, aber jeden auf eigene Art.
Bei der Musik der Wiener Klassik greifen viele auf alte Instrumente zurück, um sie "authentisch" spielen zu können.
Es geht nicht darum, es authentisch zu spielen, sondern die Wirkung muss authentisch sein. Haydns "Londoner Symphonien" damals – da herrschte eine Stimmung wie bei einem Rockkonzert. Man muss es lebendig spielen, nicht langweilig. Langweilig spielen, das ist nicht authentisch.
Festival im Musikverein Graz
Adam Fischer: "Haydn ist mein Leben"
