In der abgelaufenen Woche ist in Graz die Live-Kultur wieder sanft angelaufen. Seit Monaten sehnlich erwünscht und erwartet – und dann traf einen die Musik dabei doch unvorbereitet wie ein Hammerschlag, so als wäre die ganze Antizipation nur eine fade Trockenübung gewesen. In der Wochenmitte hatte die Grazer Oper ihr Ensemble für einen gemischten Arien- und Liederabend wieder auf die Bühne geholt. Das Resultat war auf Seite des Hörenden durchwegs von Rührung und Dankbarkeit geprägt.

Am Wochenende folgten nun die ersten Orchesterkonzerte, nicht nur in Wien, bei exklusiven Veranstaltungen in Musikverein und Konzerthaus, sondern auch in Graz. Wesentlich nahbarer von der Anmutung als bei den prominenten Wiener Kollegen, bei gleich vier (!) sonntäglichen Konzerten des Orchester recreation, dem Spielbein der styriarte (neben dem Standbein des Sommerfestivals). Man fragte sich in der List-Halle jedoch schnell, ob der Mensch tatsächlich so ein Gewohnheitstier ist. Denn der Zauber des Anfangs, in der Oper vor wenigen Abenden noch so greifbar, war diesmal bald verflogen. Natürlich: Die ersten Orchestertutti von Ludwig van Beethovens „Coriolan“-Ouvertüre suchten sich ihren Weg durch die Gehörgänge direkt ins Rückenmark. Der Nachhall, den die Instrumente in einem solchen Raum produzieren: Gänsehaut provozierend. Die Klangmacht von auch nur 33 Musikern: überwältigend.

Das Gefühl machte aber rasch einem kritischeren Hören Platz. Die atemlos schnell „Coriolan“-Ouvertüre profitierte von den lebendig phrasierenden Streichern zwar ungemein, hätte aber mehr dynamische Abstufung und Sorgfalt benötigt, um plastisch und nicht wie ein Relief zu wirken.

Und bei Haydns „Paukenschlag“-Symphonie und Mozarts Klavierkonzert in A-Dur KV 488 rächte es sich ein wenig, dass man es ohne Dirigent probierte und Konzertmeister Wolfgang Redik vom Geigenpult aus dirigierte. Die Balance zwischen den Orchestergruppen war nicht optimal und so klang das Orchester, das gleichsam aus der Stille kam, doch etwas unbehauen.

Kostbar dagegen die beinahe schon romantische Melancholie, in die die Pianisten Olga Chepovetsky den Mittelsatz des Mozartkonzerts hüllte, während sie sonst den spielerischen Charakter dieser Musik hervorkehrte. Lustig die Idee, das Überraschungsmoment der „Paukenschlag“-Symphonie auf die Generalpausen des letzten Satzes zu verlegen. Wunderbar die Freude, mit dem das Orchester sein Publikum willkommen hieß.

Noch sechs Mal ist das Konzert in der List-Halle zu erleben: Montag bis Mittwoch, jeweils um 18.30 und 20.30 Uhr. Als Einübung in die „Normalität“ der Kunst und als wunderbar ehrliche Wiederbegegnung ist der Besuch dringendst zu empfehlen.

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