Ihr Name verweist nicht unbedingt auf österreichische Wurzeln?

ILKER ARCAYÜREK: Ich bin in Istanbul geboren, würde mich aber trotzdem als Wiener bezeichnen, denn ich kam mit meinen Eltern bereits 1989 hierher. Mein Vater wollte eigentlich Musiklehrer werden, aber dann verdiente er als Textilgroßhändler sein Geld. Meine Mutter spielte sehr schön Mandoline, war jedoch mehr oder weniger Hausfrau. Als die Ehe auseinanderging, kehrte der Vater in die Türkei zurück.

Und Sie?

ILKER ARCAYÜREK: Ich besuchte eine Musikschule in Wien-Favoriten, lernte dort zwei Jahre lang Klavierspielen und entschied mich dann zur Mitgliedschaft bei den Mozart-Sängerknaben. Da kam ich viel herum, das Reisen machte mir großen Spaß, und bei einem Gastspiel in Japan kam unser Solist in den Stimmbruch, ich durfte die Soloparts übernehmen. Danach landete ich im Arnold Schoenberg Chor und wirkte auch bei einem Chor-Projekt von Nikolaus Harnoncourt mit. An ihn denke ich besonders gerne zurück. Er konnte Musik so schön beschreiben, von ihm habe ich vieles mitgenommen.


Wann fiel die Entscheidung für eine Solistenkarriere?

ILKER ARCAYÜREK: Als ich, noch als Chormitglied, an der Wiener Staatsoper in Giacomo Meyerbeers „Le prophète“ mitwirkte und Plácido Domingo kennenlernte. Er schmetterte seine Arien auf der Bühne ganz in meiner Nähe. Da dachte ich: Ja, das wäre ein Beruf für mich! Endgültig wurde es, nachdem ich erstmals in Schuberts „Deutscher Messe“ singen durfte.

Der Besetzungschef des Opernhauses Zürich wurde bei einem Wettbewerb in Baden auf Sie aufmerksam. Beim Vorsingen setzten Sie sich dort gegen 500 Bewerber durch.

ILKER ARCAYÜREK: Ja, trotz Verkühlung. Und Zürich war sehr spannend, ich durfte dort zum Beispiel unter der Regie von Peter Konwitschny als Aleja in „Aus einem Totenhaus“ von Leoš Janáček mitwirken, habe unzählige kleine Partien gesungen.

Und kamen auch beim „Cardiff Singer of the World“-Bewerb gut an.

ILKER ARCAYÜREK: Dort war übrigens auch Bryn Terfel entdeckt worden. Eine feine Sache für mich, weil sich für mich die Türen zur BBC öffneten, wo ich seither immer wieder Gastauftritte habe.

Das Klagenfurter Stadttheater 2013 bis 2015?

ILKER ARCAYÜREK: War mein erstes Haus als Protagonist. Ich durfte zum Beispiel den Alfred in der „Fledermaus“, den Tamino in der „Zauberflöte“ oder den Prinzen in der „Liebe zu den drei Orangen“ singen. Kärnten ist für mich sowieso eines der schönsten Bundesländer, meine Frau stammt aus Villach und mit ihr habe ich eine kleine Tochter – Stella Sophia.

Freuen Sie sich, nun für zwei Produktionen an der Oper Graz engagiert zu sein?

ILKER ARCAYÜREK: Und wie! Auch auf das Kürbiskernöl. Friedrich von Flotows Oper „Martha“ wird vielleicht nicht so oft aufgeführt, doch den Lyonel haben schon Große wie Enrico Caruso gesungen. Auch Carl Maria von Webers „Oberon“, bei dessen konzertanter Aufführung ich die Titelpartie singe, wird nicht so oft gespielt, obwohl es eine Oper mit sehr schöner Musik ist.

Was ist nach Graz an der Reihe?

ILKER ARCAYÜREK: Ab Juni ein hochinteressantes Debüt an der Santa Fe Opera, wo ich die Hauptpartie des Nadir in Georges Bizets „Perlenfischer“ singen werde – eine echt tolle Aufgabe.