Leicht machte es Anna Netrebko den Zuhörern bei ihrer nach 2015 zweiten Gala im Musikverein nicht. Und das, obwohl sie ein (allzu) buntes Programm in den Stefaniensaal mitgebracht hatte. Darunter waren nämlich nur wenige „Hits“: So Offenbachs schwingende „Barcarole“, im Duett mit ihrer Landsfrau Zlata Bulycheva (Mezzo). Oder „Morgen!“ von Richard Strauss, bei dem zusätzlich der blutjunge (und zunächst in der Künstlergarderobe „verschollene“) Giovanni Andrea Zanon auf der Geige sinnlich begleitete.

Auf den ersten Blick wirkte Netrebkos Potpourri von Dvořák bis Debussy, von Tschaikowsky bis zum kecken „Go Not, Happy Day“ des Britten-Lehrers Frank Bridge gar beliebig. Den Liedern, zumeist um 1900 entstanden, war dann aber doch Gemeinsames wie Tages-, Natur- und Liebesstimmungen abzulesen.



Anfangs konnte die Russin trotz (oder wegen) viel Theatralik wenig berühren – erst „Depuis le jour“, eine Arie des Arbeitermädchens Louise aus Gustave Charpentiers gleichnamiger Verismo-Oper, gelang wirklich innig. Nach der Pause kehrte die 47-Jährige mit einem Sternluftballon in der Hand wieder. Mit dem Flug des verzichtbaren Requisits Richtung Plafond verflog auch der Firlefanz. Begleitet von Malcolm Martineau, der erneut seine Weltklasse am Flügel unterstrich, zeigte Netrebko mit ihrem reifen Sopran, speziell bei Rachmaninovs Loblied auf den Schlaf „Son“, wie viel Glanz ohne Glitter möglich ist.

Vom illustren Publikum um den Landeshauptmann, seinen Vorgänger, seinen Stellvertreter, die Landtagspräsidentin und tout Graz gab es Standing Ovations. Wofür sich Anna Netrebko, die ihr Recital noch in Prag, St. Petersburg, Chicago und New York präsentiert, mit walzernden Abschiedsküssen aus Luigi Arditis „Il Bacio“ bedankte.

CD-Tipp: Diva. The very best of Anna Netrebko. Deutsche Grammophon. annanetrebko.com