Das Wetter. Das Essen. Und das wunderbare Arbeitsklima. Nicholas Carter muss nicht eine Sekunde nachdenken, was ihm an Klagenfurt gefällt. Seit Mai ist der neue Chefdirigent des Kärntner Sinfonieorchesters KSO in der Stadt. Sein Sohn ist hier geboren, die bald dreijährige Tochter wird hier den Kindergarten besuchen und seine Frau, eine Barockgeigerin, wälzt bereits musikalische Zukunftspläne für die neue Heimat.

Carter, noch bis Ende nächsten Jahres Chefdirigent des Adelaide Symphony Orchestra, hat sich beim Neujahrskonzert 2017 mit dem Kärntner Sinfonieorchester erstmals vorgestellt, Anfang August wurde er als Nachfolger des ans Nationaltheater Mannheim gewechselten Alexander Soddy offiziell bestätigt.

Eine Art Heimkehr

Für den 33-jährigen Australier, der stolz darauf ist, sich den Geburtstag (28. August) mit Goethe zu teilen, ist es eine Art Heimkehr nach Europa. Von 2014 bis 2016 war Nicholas Carter Kapellmeister an der Deutschen Oper Berlin, zuvor war er an der Staatsoper Hamburg als Kapellmeister und Assistenz von Simone Young engagiert. „Tolle Städte“, sagt er, „aber das Wetter dort ist furchtbar.“

Der in Melbourne geborene Carter hat zwar in Australien studiert, betont aber: „Europa war immer mein Ziel. Ich weiß nicht warum, aber ich war von Anfang an von klassischer Musik besessen.“ Mozart & Co. habe er stets „wie Götter erlebt“, erzählt Carter. In Wien spiele er immer durch, „wie lange es dauert, bis ich etwas Außerordentliches finde“. Die Begeisterung, mit der er am Smartphone das Foto mit der Gedenktafel „Hier schrieb Mozart die Oper „Hochzeit des Figaro“ öffnet, ist ansteckend. „Unglaublich“, sagt Carter, „das ist wie im Märchen, eine Straße entlangzugehen und schon steht man vor so einem Haus. Ich bin nicht katholisch, aber für mich ist das, als würde ich eine Reliquie sehen.“

Guter Ruf

Ein Mozart-Haus hat Klagenfurt zwar nicht zu bieten, aber als Intendant Florian Scholz bei ihm wegen der KSO-Chefdirigenten-Stelle angefragt hat, musste Carter nicht lange überlegen. In der Musikszene hat das Stadttheater einen guten Ruf, nicht nur als Sprungbrett in so manche Weltkarriere, sondern vor allem als Ort, an dem man gut arbeiten kann. Nach Jahren als Kapellmeister, in denen er binnen kürzester Zeit dies und das im kleinen Finger haben musste („Sehr viel Arbeit, aber ich habe es überlebt und gelernt, wie man schnell lernt“, resümiert er die Hamburger Jahre) gibt es in Klagenfurt die Chance, Neuproduktionen vorzubereiten. „Man lernt, Verantwortung zu tragen und man lernt, ein Chef zu werden“, betont Nicholas Carter.

Das KSO-Repertoire hat der neue Chefdirigent gemeinsam mit Intendant Scholz entschieden. Wie die (für die nächsten drei Jahre geplanten) Opern-Produktionen im Stadttheater ist es „eine Verbindung aus meinen Wünschen, dem was das Haus braucht und dem, was das Publikum braucht“, erklärt er. Da hat dann Mahlers 1. Sinfonie (29. September) ebenso Platz wie Bruckners Achte (13. April 2019) wie Antonín Dvo(r)áks „Rusalka“ zur Saisoneröffnung am Stadttheater, Mozarts „La clemenza di Tito“ (8. November) oder „La Bohème“ von Puccini (20. Dezember). „Sehr dankbar,“ ist Nicholas Carter, dass Scholz ihm gleich die „Rusalka“  zur Saisoneröffnung (Premiere am 13. September) angeboten habe: „Ich habe reingehört und war begeistert.“ Regisseurin Eva Maria Höckmayr hat er bereits in Berlin kennengelernt. „Großartig, was sie macht“, lobt er.