Sie singen die Ariane in Paul Dukas' ziemlich selten zu hörender Oper aus dem Jahr 1907 zum ersten Mal. Welche Eindrücke haben Sie von der Musik des Franzosen gewonnen?

MANUELA UHL: Als ich diese Musik in ihrer Vielschichtigkeit und räumlichen Transparenz erstmals gehört habe, habe ich unmittelbar an Bilder von Lyonel Feininger denken müssen, denn der Maler und Grafiker war ja durch sein Elternhaus und seine Frau stark von der Musik her geprägt. Diese emotionsgeladene Musik blendet mit hellem Licht genauso, wie sich immer wieder auch dunkle und tiefe Abgründe auftun.

Stellt die Grazer Produktion über die eigentliche musikalische Gestaltung hinaus noch andere spezifische Herausforderungen?

MANUELA UHL: Die ernsthafte und tiefschürfende Zusammenarbeit mit der Regisseurin Nadja Loschky ist beglückend - besonders auch dank des Psychogramms, das sie für die Ariane entwickelt hat. Sie lässt Blicke zu, wirft Fragen auf, die nicht immer ganz einfach zu verarbeiten sind. Und all dies ist von hoher sozialer Empathie getragen. Ich fühle mich dabei sehr wohl.

Welche Charakterzüge heben die Ariane von den anderen Frauen Blaubarts ab?

MANUELA UHL: Wenn man sich die anderen, fünf an der Zahl, als eine einzige Person vorstellt, so bildet jede Einzelne eine andere Facette des menschlichen Ichs aus. Innerhalb dieses Überlebenskonzepts unterscheidet sich die Ariane dadurch, dass sie nicht mehr bereit ist, sich einem Ist-Zustand zu beugen, sich abzufinden, sondern aufbricht, ausbricht, um das Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Am Pult sollte an sich Oksana Lyniv stehen. Die Chefdirigentin erkrankte zu Probenbeginn, für sie ist nun Roland Kluttig eingesprungen. Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?

MANUELA UHL: Ausnehmend gut. Kluttig, Generalmusikdirektor in Coburg, bringt eine Riesenerfahrung mit und hilft mir enorm, die Amplitude zwischen subtilen Pianophrasen, großen sinnlichen Momenten und ekstatischen Ausbrüchen zu spannen. Wie er die komplexe Partitur farbig und nuancenreich zu gestalten weiß, ist ganz fabelhaft.

Ihr Renommee begründet sich auf die intensive Gestaltung namentlich des deutschen Faches. Liegen Ihnen da gewisse Partien besonders am Herzen?

MANUELA UHL: Ehrlich gesagt, da fällt mir die Wahl schwer. Einmal ist es die Kaiserin aus „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss, dann dessen „Salome“, oder die Marietta aus Korngolds Oper „Die tote Stadt“. Wichtig ist in jedem Fall, dass künstlerische Überhöhung ausschließlich auf der Bühne stattfindet. Extrovertierte Facetten und Farben sind da nicht nur erlaubt, sondern gefordert. Niemals aber darf das ins Privatleben hineinreichen. Fassade und Glamour haben da nichts verloren. Die Ehrlichkeit der Gefühle ist immer oberstes Gebot.