Die Bregenzer Festspiele haben am Mittwoch das Richtfest für das "Carmen"-Bühnenbild auf der Seebühne gefeiert. Geprägt wird die Kulisse von zwei Riesenhänden - 21 und 18 Meter hoch -, zwischen denen überdimensionale Spielkarten durch die Luft wirbeln. Sieben Millionen Euro (inklusive Abbau im nächsten Jahr) wurden investiert.

Das Bühnenbild beeindruckt - wie stets in Bregenz - nicht nur durch seine Ausmaße, sondern auch durch seine Virtuosität. In der 24 Meter hohen und 43 Meter breiten Kulisse besteht ein Gleichgewicht zwischen den filigran wirkenden Frauenhänden mit ihren roten Fingernägeln und den fliegenden Spielkarten. "In einer Szene der Oper will Carmen durch das Legen von Spielkarten einen Blick in ihre Zukunft werfen. Diese schicksalhafte und für Carmens Leben bestimmende Begebenheit nehmen wir im Bühnenbild auf", hatte der aus Dänemark stammende Regisseur Kasper Holten schon im vergangenen Herbst die Grundidee der Kulisse beschrieben. Holten wird Georges Bizets "Carmen" in Bregenz inszenieren.

Ein Unterarm wiegt 20 Tonnen

So wuchs seit vergangenem Oktober nach Plänen der Stardesignerin Es Devlin das Bühnenbild in die Höhe. Ihre im Londoner Studio entwickelten Ideen schickte sie zur Umsetzung auf digitalem Weg an den Bodensee. Die beiden Hände inklusive tätowierter Unterarme erreichen Gewichte von 24 bzw. 20 Tonnen. Die gesamte Obermaterial (Kaschur) setzt sich aus rund 190 dreidimensional gefrästen Einzelteilen je Hand zusammen, darunter befindet sich eine Konstruktion aus Stahl, Styropor und Holz.

Für Technikdirektor Wolfgang Urstadt war dabei auch wichtig, mit dem Bühnenbild nicht zu eindeutig zu sein. Halten die Hände die Karten? Versuchen sie, die Karten von einer Hand in die rund 30 Meter entfernte andere fliegen zu lassen? Gleichzeitig häufen sich Karten auf dem Boden. Ist der Trick misslungen? Sind die Karten heruntergefallen? "Da kann man viel hineininterpretieren. Es Devlin lässt der Fantasie des Publikums viel Spielraum", so Urstadt.

Die Bühnenbauer unterscheiden in der "Carmen"-Kulisse drei Kategorien von Karten (insgesamt sind es 59), von denen jede 30 Quadratmeter groß und 2,5 Tonnen schwer ist: die "Flying Cards" zwischen den Händen, die geneigt zum Wasser führenden "Beach Cards" auf dem Boden und das "Mesh", das Gitter mit seinen rutschfesten Gitterkarten unter der Wasseroberfläche. In der Bühnenmitte, auf einer Drehbühne von zehn Metern Durchmesser, stehen zwei weitere Karten - dies sind die einzigen, die mechanisch bewegt werden können. Die anderen werden per Computer gesteuert.

"Wie von Zauberhand bewegt"

Zunächst zeigen die Karten ihre kunstvoll gestaltete Rückseite, in der Vorstellung aber werden sie zu Projektionsflächen für Videos. Außerdem sind in den Karten Lautsprecher eingebaut. Die Unterwasser-Karten wiederum werden "wie von Zauberhand bewegt", hieß es. Es wird Szenen im und unter Wasser geben, welche Rolle die Unterwasserwelt des Bodensees in der Inszenierung spielen wird, blieb vorerst aber noch ein gut gehütetes Geheimnis.

In den kommenden Wochen werden die noch verbliebenen Technik-Arbeiten ausgeführt, die bis zum Probenbeginn Mitte Juni abgeschlossen sein müssen. 37 Technikunternehmen wie etwa Ingenieur-Büros oder Stahlbaufirmen, davon 21 aus Vorarlberg, waren am Bühnenaufbau beteiligt.

"Carmen" wird im Rahmen des Festivals 28 Mal aufgeführt, rund 200.000 Tickets sind aufgelegt. Etwa drei Viertel der Karten sind laut Festspiel-Angaben bereits verkauft. Die Oper feiert am Eröffnungstag, dem 19. Juli, Premiere. Zuletzt wurde "Carmen" in den Sommern 1991 und 1992 auf der Bregenzer Seebühne gezeigt - damals wurde ein Besucherrekord aufgestellt.