ETERNALS

Bewertung: ***

Mit einiger Verspätung kommt Oscarpreisträgerin Chloé Zhao im Marvel Cinematic Universe an. „Eternals“ läutet den Start in eine neue Phase des kommerziell endlosen Superhelden-Reigens ein. Das alte Avengers-Team hält sich diesmal bedeckt. Stattdessen wird mit den außerirdischen unsterblichen Titelhelden neues, ordentlich diverses Star-Personal vorgestellt, allen voran  Sersi (Gemma Chan). Nach Jahrtausenden im Verborgenen werden sie nun von bösen Monstern vor den Kinovorhang geholt. Chloé Zhao lässt sich bei dieser Einleitung nicht stressen, erzählt in Rückblenden was bisher geschah und fokussiert auf die neuen Persönlichkeiten und Legenden. Keine leichte Aufgabe! Mit dem vielleicht schönsten Marvel-Effekt-Design bisher, aber auch etwas langatmigen Erklär-Sessions lebt „Eternals“ vor allem von seinem Neuigkeitswert. Jedenfalls ist das MCU nach einigen Einzel-Heldentaten nun wieder groß und weit offen. (maw)

WALCHENSEE FOREVER

Bewertung: ***

Die Doku von Janna Ji Wonders endet dort, wo sie beginnt: am bayerischen Walchensee. Ein Ort, der für die Filmemacherin mit Kindheitserinnerungen verbunden ist und an dem die Geschichte ihrer Familie vor fünf Generationen begonnen hat. In ihrem Leinwand-Familienalbum blickt Wonders auf zwei Weltkriege zurück, das rebellische Nachkriegsdeutschland und beschäftigt sich mit dem Heimatbegriff des 21. Jahrhunderts. Als Prisma des Generationen-Psychogramms dienen Interviews mit Zeitzeugen und Familienmitgliedern, die das Leben am Walchensee aus weiblicher Sicht schildern. Das (filmische) Resultat ist ein intimes Familienporträt das Pars pro Toto für den Wandel der deutschen Gesellschaft der letzten hundert Jahre steht. (jb)

TITANE

Bewertung: ****

Titan tragen nicht nur Sci-Fi-Cyborg-Superhelden in sich. Auch die französische Tänzerin Alexia hat seit einem Autounfall als Kind eine Titanplatte im Kopf. Die Folge ist ein Metall-Fetisch, der durchaus konkret wird. Gleich zu Beginn des Genrefilms von Julia Ducournau verbringt die Hauptfigur eine folgenreiche Nacht mit einem glänzend polierten Cadillac. Diese Schlüsselszene ist noch nicht das Seltsamste am wilden Gewinnerfilm der Goldenen Palme von Cannes 2021, der nur auf den ersten inhaltlichen Blick an den ebenso verrückten „Crash“ von David Cronenberg erinnert. Eine ausführliche Kritik lesen Sie hier.

DIE GESCHICHTE MEINER FRAU

Bewertung: ***

2017 erhielt die Ungarin Ildikó Enyedi für „Körper und Seele“, die zarte Lovestory am rauen Schlachthof, den Goldenen Bären. „Die Geschichte meiner Frau“ nach dem gleichnamigen Roman von Milán Füst fällt dagegen beinahe konventionell aus. Erzählt wird vom wortkargen Seebären Jakob Störr (Gijs Naber), der an Land nicht sesshaft wird. Nach einer Wette hält er spontan um die Hand der jungen,
lebenslustigen Lizzy (Léa Seydoux) an, die tatsächlich Ja sagt.
Zunächst sind die zwei ungleichen Charaktere betört vom anderen. Doch seine Eifersucht wächst. Opulente, knapp dreistündige und langatmige Lovestory, in der „Bond“-Woman Léa Seydoux als stets auf der Flucht wirkende Frau begeistert. (js)

SUPERNOVA

Bewertung: ****

Tusker ist Schriftsteller und Exil-Amerikaner, sein britischer Partner Sam Pianist. Die beiden befinden sich auf einem Roadtrip in den pittoresken Lake District an der englisch-schottischen Grenze. So gut sich die beiden hinter ihren liebevollen Alltags-Keppeleien auch verstecken: Bald wird klar, dass es auch eine Abschieds-Reise ist. Tusker leidet an Demenz in einem frühen Stadium. Er weiß, dass er nicht mehr lange klar im Kopf sein wird. Sam hat sich entschieden ihn zu begleiten und zu umsorgen. Die beiden besuchen Orte und Freunde von früher, im Wissen um ein trauriges Ende. Der junge Regisseur Harry Macqueen widmet sich in seinem erstaunlich reifen zweiten Film einer Beziehungsgeschichte und einem Thema des Alters. Vor malerischem Naturhintergrund setzt er seine beiden phänomenalen Darstellern Stanley Tucci und Colin Firth gekonnt in Szene. Dadurch wird „Supernova“ ein überaus einfühlsamer, aber angenehm kompakter Film über Abschied und Liebe. (mw)

AMMONITE

Bewertung: **

Kate Winslet und Saoirse Ronan verkörpern in diesem historischen Drama zwei Frauen, die sich in den 1840er Jahren unter ungewöhnlichen Umständen ineinander verschauen. Den faden Liebesfilm retten sie aber auch nicht. Die ältere heißt Mary Anning (Winslet) und ist eine berühmte Amateur-Archäologin, die im südenglischen Lyme Fossilien aus den Felsen gräbt. Verbittert und vom männlichen Wissenschafts-Establishment übergangen, ist sie wenig begeistert, als sie sich um die gelangweilte Charlotte Murchison (Ronan), Gattin eines reichen Bewunderers, kümmern soll. Doch beim Muschelsammeln am Strand erkennen sich die beiden. Eins führt zum anderen und zu von Regisseur Francis Lee durchaus seltsam inszenierten Sex-Szenen. Die Leinwand-Chemie dieser Archäologie-Passion im Kostüm des 19. Jahrhunderts will sich aber nicht so richtig einstellen. Denn weder historischer Skandal noch Intimität der beiden werden emotional ausgeleuchtet. Versteinertes Liebesdrama. (mw)