Bewertung: ****

We have all the Time in the World“ singt Louis Armstrong im Abspann dieses James-Bond- Films, angeblich das drittbeliebteste Hochzeitslied aller Zeiten. Und nein, wir befinden uns nicht wieder im Jahr 1969 mit George Lazenby „On Her Majesty’s Secret Service“. Der 25. Jubiläums-007 „Keine Zeit zu sterben“ feiert mit diesem Bond-Song den Abschied von der Ära Daniel Craig. Auch seine Kulturfigur wird noch vor der klassischen Titelsequenz von der Vergangenheit eingeholt. Im wohlverdienten Ruhestand im touristisch-malerischen Italien stören Bond nicht nur bewaffnete Kämpfer. Auch die Beziehungsidylle mit Freundin Madeleine Swann bekommt einen Riss. Nicht Pech, sondern schlechtes Urteilsvermögen sei das, meint James selbstkritisch.
Im Grunde dreht sich der lang ersehnte Bond-Film eher um Madeleine als um ihren James. Ihr gehört die winterliche Rückblende als Einstiegsszene des Films, ihre Geheimnisse geben den Takt des Verwirrspiels an, gegen das der Geheimagent über 163 Filmminuten an mehreren Fronten ankämpft – mit Christoph Waltz als altem und Rami Malek als neuem Bösewicht. Die Story ist ein Familiendrama mit ungewöhnlich vielen Toten, nicht nur unter den namenlosen Fußsoldaten. Auch wenn die Intrigen im Eifer der vielen Gefechte nicht wirklich aufgelöst werden, geben sie dem Film doch Spannung und stimulierendes Tempo.


Rhythmisch findet Regisseur Cary Joji Fukunaga den passenden Mix zwischen souveränen Action-Sequenzen und einigen (Wieder)Begegnungen samt mehr oder weniger pathetischen Wortwechseln. Dabei gibt es auffällig stylishe Verfolgungsjagden für die Kfz-Sponsoren sowie Sets, die in Jamaika und Kuba leider etwas austauschbar in Szene gesetzt sind. Der überlange Showdown geht in einem unterirdischen Bunker auf einer abgelegenen Insel über die Bühne. Ohne den Nostalgie-Faktor zu übertreiben, ist James Bond dort wohl zu Hause angekommen: Weltrettung mit Hosenträger-Outfit und Gadget-Uhr. Ob das Ziel der Produktionsfirma aufgeht, 007 in ein modernes Franchise zu transformieren, wird sich mit neuer Besetzung weisen. Craig hat sich gebührend verabschiedet.