Die Kinos in vielen Ländern der Welt, darunter China, Frankreich, Italien, und in großen Teilen der USA sind geschlossen. Filmstarts wurden verschoben. Während die Out-of-Home-Entertainment-Branche unter der Coronavirus-Pandemie leiden wird, wird erwartet, dass die In-Home-Entertainment-Branche floriert, da mehr Menschen zu Hause vor ihren TV-Endgeräten kleben bleiben.

"Es wird die Trends beschleunigen, die Sie bereits vor der Pandemie gesehen haben, da viele Inhalte auf Streaming umgestellt werden, aber die Leute werden immer bestimmte Eventfilme auf der großen Leinwand sehen wollen", zeigt sich ein amerikanischer Drehbuchautor im Gespräch mit der Austria Presse Agentur optimistisch. Er hat sich dieser Tage in seiner Wohnung in West Hollywood verbarrikadiert, so wie der Rest von Los Angeles. Die Stadt scheint leer. Hier gibt es keine Red Carpet-Premieren, Mittagessen mit Agenten oder Filmvorführungen mehr. Wenn man als Drehbuchautor jetzt Meetings via Skype führt, ist es wohl an der Zeit, sich im Heimbüro eine anständige Kulisse einzurichten.

Während sich die Coronavirus-Pandemie weiter ausbreitet, suchen die Menschen immer mehr nach Fluchtmöglichkeiten. Könnte das einen langfristigen Boom für die Streaming-Dienste bedeuten? Dem Branchenblatt Deadline gemäß ist dies bereits statistisch belegt. Einer neuen Studie des amerikanischen Marktforschungsinstituts Nielsen zufolge sahen die Konsumenten 61 Prozent mehr Streaming im Fernsehen - ein Teil des enormen Anstiegs der gesamten TV-Nutzung, der auch während zweier früherer Krisen, in denen die Menschen zu Hause bleiben mussten, zu verzeichnen war.

Universal war das erste große Studio, das am Montag bekannt gab, dass es in den USA die bereits in den dortigen Kinos angelaufenen Filme "Der Unsichtbare", "The Hunt" und "Emma" ab Freitag über digitale Streaming-Plattformen zum Verleih anbietet. Das soll bald auch in anderen Teilen der Welt möglich sein.

Die Kino-Branche steht bereits seit Jahren unter Druck durch Streaming und Filmpiraterie. Aber jetzt besteht die einzige Möglichkeit für die Studios, mit ihren Filmen Geld zu verdienen, darin, sie über Distributoren wie iTunes oder lokale Kabelunternehmen ansehen zu lassen. Viele Analytiker haben in den vergangenen Jahren darüber gesprochen, wie veraltet das Kino-Modell ist und dass Streaming die Zukunft Hollywoods ist. Jetzt können wir sehen, wie das funktioniert, auch wenn diese Studios ihre Kosten nicht wieder wettmachen, wenn sie direkt zum Streaming gehen.

Der nahende Start des neuen Streaming-Dienstes Disney Plus in Österreich wird das Angebot an online verfügbaren Filmen und Serien am 24. März noch einmal stark erweitern. Disney, das "Die Eiskönigin 2" letztes Jahr in die Kinos brachte, hat die Veröffentlichung dieses Films über seinen eigenen Disney Plus-Streaming-Dienst wegen des Coronavirus um drei Monate vorgezogen und diese Woche damit begonnen, den Film für seine Abonnenten in den USA zu streamen. Hierzulande kann man den Animationsfilm seit heute (20. März) bei iTunes downloaden. Möglicherweise werden wir noch mehr davon in den kommenden Wochen sehen.

Im Moment haben die großen Filmstudios, darunter Universal und Disney, ihre größten Frühlingsstarts wie "Fast & Furious 9" und "Mulan" verschoben. Angesichts dieser sehr ernsten Entscheidungen rechnet das Branchenblatt "The Hollywood Reporter" damit, dass Hollywood in diesem Jahr einen Verlust von 20 Milliarden US-Dollar erleiden könnte. Wenn man bedenkt, dass die US-Abendkasse schon zuvor ein 20-Jahres-Tief erreicht hatte, klingt diese Größenordnung plausibel.

Eine weitere Veränderung in Hollywood betrifft die Filmtests: Vorschauen für Fokusgruppen finden jetzt nicht mehr statt. Ohne Testvorführungen können aber Filme nicht bearbeitet werden, um eine maximale Zufriedenheit des Publikums zu erzielen. Dies bedeutet, dass wahrscheinlich noch mehr Filmstarts verschoben werden. Es ist nicht abzusehen, wann die Kinos in den beiden größten Märkten des Landes - New York und Los Angeles - und in anderen betroffenen Ländern der Welt wiedereröffnet werden. Das Zhongying Golden Palm Cinema in China öffnete am Montag zum ersten Mal seit dem 26. Jänner seine Kinosäle, aber am ersten Tag erschien kein einziger Zuschauer, schreibt das Branchenblatt "Indiewire".

Es gibt momentan mehr Ungewissheit und Angst als alles andere, doch viele Menschen in der Filmbranche, die jetzt ihre Jobs verloren haben, halten an der Hoffnung fest, dass sich das Geschäft eines Tages wieder normalisiert. Das Showbusiness hat Depressionen und Rezessionen schon einmal überstanden. Um Silvio Dante aus den "Sopranos" zu zitieren: Es ist immer dasselbe, was schlechte wirtschaftliche Bedingungen überlebt: "bestimmte Aspekte des Showbusiness ... und unser Ding".