Im neuen Historienfilm „Zwingli“ verkörpern Sie den Schweizer Reformator Huldrych Zwingli. Wie sehr helfen Ihnen Kostüme und Frisur dabei, sich eine Rolle einzuverleiben?

MAX SIMONISCHEK: Sehr. Die Kostümbildner haben Archive in Rom und Madrid aufgesucht, um Gewänder aus dieser Zeit zu verwenden. Diese haben andere haptische Eigenschaften, sind wahnsinnig schwer, man bewegt sich ganz anders darin. Der Talar erlaubt einem gar nicht, sich schnell hinzusetzen. Das ergibt eine gewisse Körperlichkeit für Zwingli, dem eine Ruhe innewohnt. Auch die Frisur, die mich anfangs schwer irritiert hat, hilft dabei – wobei diese in Neukölln schon wieder salonfähig wäre.

Was kann uns die Geschichte dieses Mannes 500 Jahre später über die Gegenwart erzählen?

Ich habe zu ihm einen Zugang über seine gesellschaftspolitischen Veränderungen bekommen. Er hat in der Schweiz die Grundpfeiler für unsere Demokratie erkämpft, von denen wir heute noch profitieren. „Sola scriptura“ – „allein durch die Schrift“. Er hat das Wort ernst genommen, an den Verstand appelliert, den Zölibat aufgehoben und ein modernes Frauenbild gehabt. Das hat zu einem gesellschaftlichen Miteinander beigetragen. Für mich ist er als Reformator revolutionär. Das macht ihn heutig und relevant.

Wie halten Sie es eigentlich mit der Religion?

Die Gretchenfrage. Ich bin nicht getauft und eher unreligiös erzogen worden. Es ist kein Gott, den ich anbete, und keine Schrift, die ich verehre. Ich glaube aber schon – am ehesten an die Ruhe in der Natur, aus der ich meine Kraft ziehe.

Auch Ihre Mutter Charlotte Schwab wirkt in „Zwingli“ mit. War es Ihr erster gemeinsamer Dreh?

Der zweite, es gab eine Verfilmung von Bachs „Matthäuspassion“ für den Bayerischen Rundfunk. Meine Mutter verkörpert nun die Schwiegermutter von Zwingli und rebelliert unten im Kirchenschiff gegen mich. Ich habe mir beim Dreh gedacht: Jetzt steht sie unten und rebelliert gegen mich. Früher bin ich unten gestanden und habe gegen sie rebelliert. So dreht sich das um.

Wie war die Zusammenarbeit?

Es macht es keinen Unterschied, ob deine Mutter vor dir steht oder eine andere Kollegin. Du bist in der Figur, und es geht um die Haltungen, die sie in einer Szene vertritt. Aber die Drehpausen konnten sinnvoll für Familybusiness genutzt werden. Das war ein schöner Beigeschmack, und natürlich konnte man sich in ganz anderer Vertrautheit austauschen.

"Die Frisur wäre in Berlin-Neukölln schon wieder salonfähig", sagt Max Simonischek
"Die Frisur wäre in Berlin-Neukölln schon wieder salonfähig", sagt Max Simonischek © Thimfilm

Sie sind der Sohn von zwei Schauspielern: War Ihre Kindheit geprägt von Theaterkantinen, Anziehzimmern und Filmsets?

Meine Eltern haben das ziemlich schlau angestellt, sie haben mich von der Filmwelt gut weggehalten. So habe ich diese ganze Aufmerksamkeit nie in den falschen Hals gekriegt. Daneben habe ich aber schon mitbekommen, was für bunte Vögel zu Hause ein und aus gegangen sind. Der Zauber auf der Hinterbühne, auf der ich manchmal stand, ist magisch, aber mittlerweile leider etwas verflogen und zur Realität geworden.

Nach der Arbeit mit Ihrer Mutter: Ist auch eine mit Ihrem Vater Peter Simonischek geplant?

Wir beide sind uns einig, dass wir das noch einmal angehen müssen, bevor es zu spät ist. Es wäre schön, mit ihm auf der Bühne zu stehen. Es müsste aber etwas wirklich Gutes sein, damit es sich auch inhaltlich lohnt. Noch ist nichts geplant.

Nun üben Sie sich in einer neuen Rolle – der Vaterrolle. Ist das Ihre anspruchsvollste bislang?

Es ist auf jeden Fall meine sinnvollste Rolle. Ich war gerade in St. Petersburg und habe mich mit Dostojewski auseinandergesetzt und der hat gesagt: „Drei Viertel deines Lebensglücks sind deine eigenen Kinder und ein Viertel der ganze Rest.“ Das halte ich mit meinem Kollegen Dostojewski (lacht).

Spielt die Frau von Zwingli: Sarah Sophia Meyer, Ensemblemitglied am Grazer Schauspielhaus
Spielt die Frau von Zwingli: Sarah Sophia Meyer, Ensemblemitglied am Grazer Schauspielhaus © Thimfilm

Im Sommer feierten Sie in Mozarts „Zauberflöte“ im Steinbruch St. Margarethen Ihr Operndebüt. Wie ist es Ihnen dabei ergangen?

Das war eine unglaublich bereichernde Zeit als Papageno, dieser Einblick in eine andere Welt. Als Schauspieler kommt man nicht häufig in den Genuss einer Opernrolle. Nun kehre ich aber zu meinen Leisten zurück und nehme die Erfahrung in meine nächsten Projekte mit.

Die da sind?

Ich werde eine Premiere bei den Bregenzer Festspielen im kommenden Sommer haben – bei dem Stück „Michael Kohlhaas“ nach Heinrich von Kleists Novelle. Es ist eine Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin. Die Proben beginnen im März, bis dahin drehe ich noch ein bisschen etwas für den ZDF.

Sie wurden in Berlin geboren, sind ein Schweizer Schauspieler mit österreichischen Wurzeln und leben mit Ihrer Familie in Berlin. Ist für Sie ein Umzug nach Wien oder Zürich vorstellbar?

Meine Frau ist Österreicherin, ein Umzug ist durchaus vorstellbar. Aber es muss beruflich Sinn haben. Vielleicht gibt es auch einmal in Wien oder Zürich die Möglichkeit. Das muss von den Umständen her passen. Seit ich Vater bin, habe ich beschlossen, dass ich nur noch dort Theater spiele, wo meine Familie ist. Ausgerechnet die erste Produktion in Berlin ist eine Koproduktion mit Bregenz – die dann nach Berlin kommt.