Dieser Film war Ihnen ein Herzensanliegen. Hat Ihnen Ihre Mitwirkung in den „Monsieur Claude“-Komödien geholfen, diesen Traum zu realisieren?

FRÉDÉRIC CHAU: Das eine hat in diesem Fall nichts mit dem anderen zu tun, denn ich habe schon 2006 begonnen, an dieser Story zu arbeiten.

Die Geschichte balanciert auf einem schmalen Grat zwischen Komödie und Drama. Welcher Aspekt war Ihnen ein besonderes Anliegen?

Ich wollte einen Blick auf die chinesische Community in Paris werfen, der nicht klischeehaft getränkt ist. Zu diesem Zweck habe ich für mich just eine Figur erfunden, die den gängigen Klischees entspricht. Diese Rolle habe ich mir sozusagen auf den Leib geschrieben.

Was sind in Ihren Augen die gängigen Klischees?

Dass wir alle mit demselben Akzent sprechen, Karate können, Restaurantbesitzer oder Informatiker sind, vom Geld der Mafia finanziert werden und dass wir Hunde essen.

Wäre es nach dem Willen Ihrer Familie gegangen, welchen Beruf hätten Sie ergreifen sollen?

Informatiker…

Aber?

Ich habe dieses Studium sogar begonnen. Doch ich habe es abgebrochen, weil der Drang zur Schauspielerei immer stärker wurde.

Wie würden Sie die Figur des Film-Francois definieren?

Er ist Teil des Paris Milieus und ein wenig bürgerlich-intellektuell, um ihn aus dem Stereotyp des eingewanderten Asiaten herauszulösen. Wie er lehnte ich selbst meine Herkunft eine Zeitlang ab, vor allem, als ich noch Kind war, denn mit meiner Herkunft waren auch Stigmatisierung und Verhöhnung verbunden.

In Ihrer Geschichte ließen Sie sich dem Vernehmen nach vom Schicksal Ihrer eigenen Familie inspirieren?

Das ist richtig. Wir sind Chinesen aus Kambodscha, die vor dem Völkermord der Roten Khmer geflohen sind. Die Eltern verkleideten sich als Bauern, damit sie wie arme Leute aussahen, und versteckten ihre Brillen. Denn wer Brillen trug, wurde von den Roten Khmer als Intellektueller betrachtet und massakriert. Ich war sechs Monate alt, als wir in Frankreich ankamen. Die wahren Helden meines Films sind die Eltern.

Im Film hat Francois ein schwieriges Problem mit seinem Vater?

Das ist Fiktion. In Wirklichkeit habe ich zu ihm ein wunderbares Verhältnis, und meine Mutter lebt noch. Im Film ist ihr früher Tod Anlass zum Zerwürfnis mit dem Vater.

Welche komische Situation aus „Made In China“ haben Sie selbst erlebt?

In der Filmstory landet Francois, der zu einem Treffen eingeladen ist, vor einer fremden Wohnungstür  und wird wegen seines asiatischen Aussehens für den Sushi-Lieferanten gehalten. Das ist mir wirklich passiert. Nicht nur einmal.

Wie ist es Ihnen denn in Ihrer Schauspieler-Karriere ergangen?

Ich wurde in der Tat in eine Schublade gesteckt. Man bot mir eine Klischeerolle nach der anderen an. Dann kam der Tag, als ich davon genug hatte. Mir war klar geworden, dass man im Leben auch „nein“ sagen kann. Es ist sieben Jahre her, da erklärte ich meinem Agenten: „Wenn weiterhin solche Angebote kommen – gib sie mir erst gar nicht weiter. Ich möchte nur noch Rollen spielen, die jeder Franzose auch spielen würde“. Es hat ganz gut funktioniert.

Schreiben Sie schon an einer neuen Filmstory?

Ja, die erste Fassung ist fertig. Und ich habe im Lauf der Zeit – ich schreibe seit zwölf Jahren – erkannt: Je persönlicher die Geschichten sind, umso universeller sind sie.

Beide „Monsieur Claude“-Teile waren nicht nur in Frankreich sehr erfolgreich. Ist eine weitere Fortsetzung vorstellbar?

Sie ist in der Tat angedacht. Aber die Vorarbeiten haben erst begonnen, noch existiert kein kompletter Handlungsfaden.

Chinatown in Paris liegt im 13. Arrondissement. Sie haben dort gedreht. Waren die Bewohner sehr erfreut?

Anfangs nicht. Weil die Leute befürchteten, dass wir den –zigsten Film über sie machen und die gleichen Klischees wie immer bedienen würden. Es bedurfte vieler Gespräche, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Als Dank haben wir dann die Weltpremiere dort veranstaltet. Und alle waren sehr berührt.

Chinatown in London ist bekannter als die Pariser Variante. Was ist für Sie der wesentliche Unterschied?

In Paris ist das Essen besser.

Fühlen Sie sich heute, als 42jähriger, in Frankreich voll integriert?

Es hat etwas gedauert. Einer, der anders aussieht, hat es immer schwerer als ein Normalverbraucher. Doch heute fühle ich mich französisch, denke französisch, lebe wie ein Franzose und esse französisch. Also keine Hunde. . .