Wie macht man als Österreicherin einen internationalen Film? Mit Mumm. „Little Joe“, ihr erster englischsprachiger Film, ist so entstanden, erzählt Jessica Hausner: „Wir kannten niemanden in England und haben eines Nachmittags einfach ein paar Firmen angerufen, ob sie mit uns koproduzieren wollen.“ Sie wollten, und das ist natürlich weit mehr als glücklicher Zufall: In der Filmszene kennt man die 46 Jahre alte Wiener Regisseurin seit Langem. Sie hat mit dem Thriller „Hotel“ 2005 den Großen Diagonalepreis und bei der Biennale in Venedig 2009 mit dem Drama „Lourdes“ den Fipresci-Preis gewonnen. Seit 2017 ist sie Mitglied der Oscar-Akademie. Und schon viermal war sie in Cannes geladen.

Am Dienstag beginnen dort die 72. Filmfestspiele, Hausner ist zum fünften Mal dabei - erstmals im Hauptbewerb und in Konkurrenz mit Kapazundern wie Jim Jarmusch, Pedro Almodóvar, Terrence Malick, den Dardenne-Brüdern, Quentin Tarantino. Ihr Film, mit Schauspielern wie Emily Beecham und Ben Whishaw exquisit besetzt, erzählt von einer alleinerziehenden Gentechnikerin, die ihrem Sohn eine ihrer Neuentwicklungen schenkt: eine Pflanze, die glücklich macht, wenn man sie richtig pflegt. Allerdings stellt sich heraus, dass die Sporen des Gewächses unheimliche Veränderungen in den Menschen auslösen.

„Die Ambivalenz am Thema Gentechnik“, sagt Hausner, habe sie hier interessiert. Wie überhaupt die Tochter des fantastischen Realisten Rudolf Hausner - von ihrem Langfilmdebüt „Lovely Rita“ bis zum Kleist-Biopic „Amour fou“ - sich stets als Meisterin unheimlicher Mehrdeutigkeiten erwies. Nun ist auch Cannes reif, sich von ihr beunruhigen zu lassen.