Das Kino-Regiedebüt von ChristophWaltz (62), "Georgetown", in dem er auch die Hauptrolle spielt, feierte am Samstag Weltpremiere beim Tribeca Filmfestival. "Dies ist ein New Yorker Publikum, also vertraue ich darauf, dass gerade Sie Ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen werden", so der Oscar-Preisträger. Das Publikum mochte den Film, war aber enttäuscht, weil Waltz im Anschluss fernblieb.

Waltz, der sowohl einen Oscar für seine Rolle als bösartiger Nazi-Oberst Hans Landa in "Inglourious Basterds" (2009) als auch für seine Nebenrolle als Kopfgeldjäger Dr. King Schultz in Quentin Tarantinos "Django Unchained" (2012) gewann, hat zwar schon einmal als Regisseur fungiert - bei der TV-Romantikkomödie "Wenn man sich traut" (2000). "Georgetown" ist allerdings der erste Film, den er fürs Kino gedreht hat, und er hat sich auch selbst in der Hauptrolle besetzt - als Hochstapler, der sich mit Lügen eine Ehe mit einer reichen Witwe erschleicht und die Dame Jahre später umbringt.

Erfinderischer Schwindler

Waltz spielt den 50-jährigen gebürtigen Deutschen Ulrich Mott, der gerade seine Praktikantenstelle im US-Kapitol verloren hat. Aber er ist erfinderisch, und so gelingt es ihm, sich mit einem gefälschten Ausweis auf das Korrespondenten-Dinner ins Weiße Haus zu schmuggeln, wo er der wohlhabenden Journalistin Elsa Breht (Vanessa Redgrave) begegnet. Charmant wie er ist, macht er ihr Avancen. Die um vieles ältere Dame fühlt sich geschmeichelt, aber es tue ihr sehr leid, sie sei verheiratet. "Lassen Sie mich wissen, wenn sich etwas ändert", antwortet er schelmisch. Wie es das Schicksal so will, stirbt ihr Ehemann bald darauf, und die beiden heiraten, auch wenn ihre erwachsene Tochter (Annette Bening) kein gutes Gefühl bei diesem Schwindler hat.

In absehbarer Zeit steigt Mott durch seine Frau in die Washingtoner High Society auf, macht Bekanntschaft mit mächtigen Politikern und baut eine merkwürdige Firma mit dem Namen "Eminent Persons Group" auf. Intelligent und exzentrisch wie er ist, druckt er auf Dinner-Partys Geschichten aus seinem Leben als Graf, als Spion und als General in der irakischen Armee. Er spaziert auch in einer irakischen Uniform durch die Stadt und schlägt bei einem Treffen in der irakischen Botschaft die "Mutter aller Friedenskonferenzen" vor. Elsa glaubt ihm nicht wirklich, wenn er lügt. Er macht ihr Komplimente, lächelt sie an und bringt ihr Frühstück ans Bett, und er tut es auf so sanfte Weise, dass sie stagniert und irgendwie verzaubert ist, und er kommt damit durch.

Wenn er für zwei Jahre verschwindet, gibt er vor, die Politik im Nahen Osten aus dem Irak zu beeinflussen. Tatsächlich versteckt er sich in einem billigen Motel. Es gelingt ihm, die Menschen und auch seine Frau mit seinem Charme um den Finger zu wickeln, obwohl er lieber die Gesellschaft von Männern zu genießen scheint. Bis eines Tages Elsa tot in ihrem Haus, in Georgetown, aufgefunden wird.

Tatsächliche Ereignisse

"Dieser Film behauptet nicht, die Wahrheit zu sagen, er basiert jedoch auf tatsächlichen Ereignissen", so steht es am Beginn. Er basiert auf dem Artikel "The Worst Marriage In Georgetown" (Die schlimmste Ehe in Georgetown), der zuerst im Jahr 2012 im "New York Times Magazine" erschien. Erzählt wird darin die wahre Geschichte des in Ostdeutschland geborenen Albrecht Gero Muth (im Film als Ulrich Mott), der 2014 in den USA wegen Mordes an seiner mehr als 40 Jahre älteren Frau Viola Drath (im Film als Elsa Breht) zu 50 Jahren Haft verurteilt wurde. Das Drehbuch stammt vom US-Dramatiker und -Regisseur David Auburn, der 2000 für sein Theaterstück "Proof" einen Pulitzer-Preis erhielt und die Geschehnisse im Film in Rückblenden geschachtelt hat.

Die 82-jährige Oscar-Preisträgerin Vanessa Redgrave ("Julia") spielt die Journalistin - und das ganz großartig, wenn sie etwa unter der unaufdringlichen Regie von Waltz und dem wachen Auge seines Kameramanns Henry Braham ("Legend of Tarzan") mit ihren leuchtend blauen Augen flirtet und die tiefen Falten auf ihrem Gesicht mühelos unter einem Lächeln verschwinden. Letztendlich ist es aber der Film von Waltz und eine charmante, luftige, unkomplizierte Kapriole über einen höflichen und größenwahnsinnigen Schwindler - auch wenn der Drehbuchautor thematisch viel mehr damit hätte machen können. Technisch gesehen hat Ulrich Mott etwas von einem fehlerhaften Träumer und Antihelden, der andere Menschen ausnutzt. Sogar am Ende von "Georgetown" hat er sich in dieser Hinsicht kaum verändert - und auch der Film erlöst ihn nicht.