Wann und wo entstand die Idee für diesen Dokumentarfilm?

FRITZ OFNER: Für frühere Filmprojekte war ich viel in Kriegs- und Krisengebieten unterwegs und bin dort, aus Österreich kommend, immer wieder auf die Glock-Pistole angesprochen worden. Zurück in Österreich war ich überrascht, wie wenig hierzulande über diese Waffen bekannt ist, die hier hergestellt werden. Ich bin seit den 1990ern großer Hip-Hop-Fan, das Wort Glock wird inflationär verwendet, es ist die meistbesungene Waffe im Gangsterrap. Das habe ich zunächst nicht in Zusammenhang gebracht.

Wann haben Sie mit der Recherche begonnen?

2012, das ganze Projekt war sehr rechercheintensiv. Die erste Überlegung war, den Pistolen zu folgen: von ihrer Produktion in Österreich bis zu den Menschen und Orten, wo sie verwendet werden. In den USA ist Glock ein generischer Ausdruck für Pistole. Die zweite Überlegung war, den Wegen des Geldes wieder zurück nach Österreich zu folgen, um herauszufinden, wie ein kleiner Familienbetrieb zum Global Player der Rüstungsindustrie aufsteigen konnte. Ähnlich wie bei Steve Jobs existiert der Mythos der Erfindung bei Glock: Gaston Glock soll die erste Pistole ohne waffenbautechnische Kenntnisse in einer Werkstätte erfunden haben, damit eine Industrie revolutioniert und zu einem der reichsten Männer des Landes geworden sein.

Was stimmt am Mythos und was nicht?

Es waren sicher mehrere Leute an der Entwicklung beteiligt. Das Patent ist einzig auf Gaston Glock angemeldet. Er ist der Einzige, der Profit durch diese Erfindung geschlagen hat.

Ist die Glock-Pistole ein typisches Produkt der 1980er?

Sie ist zu einem Zeitpunkt entstanden, wo die polymere Spritzgusstechnik so gut geworden ist, dass die Glock-Pistole eine der ersten war, die zum Großteil aus Kunststoff gefertigt worden ist und maschinell. Das heißt: Jeder Teil ist austauschbar. Sie war zu diesem Zeitpunkt auch allen anderen Pistolen überlegen: Sie hatte mehr Schuss, war leichter, bestand aus weniger Teilen und war leichter zu warten.

Für diesen Film haben Sie mit vielen Glock-Besitzern von den USA bis zum Irak gesprochen: mit Polizisten, Gangstern, Ex-Soldaten. Es fallen Sätze wie: „Eine Glock lässt dich nicht im Stich.“ Es scheint, als könnten sich alle auf diese Pistole einigen. Ist das ihr Erfolgsgeheimnis?

Was in der Recherche interessant war: Im Eigenmarketing stellt sich Glock als Ausrüster der Polizei dar - was richtig ist. Der Großteil der US-Polizeieinheiten trägt Glock, die österreichische Polizei auch. Gleichzeitig taucht die Glock immer wieder auf beiden Seiten von bewaffneten Konflikten auf. Da profitiert am Ende des Tages der Produzent. Und deswegen ist der Waffenhandel auch eine moralisch fragwürdige Angelegenheit.

Zu Wort kommen zwei frühere Mitarbeiter: ein CEO und ein Treuhänder, der verurteilt wurde, weil er angeblich ein Attentat auf Glock verübt habe? Wie verlief die Kommunikation mit der Firma?

Wir haben das Unternehmen über das Projekt informiert, eine Interviewanfrage an Gaston Glock gestellt und eine Antwort vom Firmenanwalt bekommen, der mit rechtlichen Konsequenzen gedroht hat, wenn der Film nicht entspricht. Wir haben größte Sorgfalt walten lassen, um alle medien- und zivilrechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Zwei Tage, nachdem bekannt wurde, dass die Premiere stattfinden wird, haben wir erneut ein Schreiben erhalten, in dem die Herausgabe des Films gefordert wurde. Seitdem haben wir nichts mehr gehört.

Erzählt die Glock-Story auch etwas über Österreich?

Ja. Ich habe seit sechs Jahren einen Pressespiegel abonniert und in dieser Zeit hat es einen einzigen kritischen Artikel über das Unternehmen gegeben. Daneben gab es aber Hunderte, in denen der Name Glock mit Charity, mit Pferden oder mit Prominenten zusammen erwähnt wird. Das sagt viel über eine Gesellschaft aus, wenn auf der einen Seite weggeschaut wird und sich die Öffentlichkeit auf der anderen Seite im Glanz des reichen Erfinders suhlt.

Ergaben Ihre Recherchen politische Verstrickungen?

Über die Verstrickungen von Glock und FPÖ ist viel geschrieben worden - und einige, die darüber geschrieben haben, wurden geklagt. Deswegen sage ich dazu nichts. Fakt ist, dass bei den Waffenlieferungen in den Irak Glock mit dem Abzug der Produktion aus Österreich gedroht hat, sollte der Export nicht genehmigt werden. Er wurde genehmigt. Was mit den Waffen im Irak passiert ist, wissen wir: Sie sind überall gelandet - nicht nur bei der Polizei.

Fritz Ofner: "Wir wollten keinen Film gegen, sondern einen über Glock machen"
Fritz Ofner: "Wir wollten keinen Film gegen, sondern einen über Glock machen" © KK

Was war Ihre Intention?

Wir wollten keinen Film gegen, sondern einen über Glock machen. Die Intention ist es, Bewusstsein zu schaffen, dass Österreich in großem Stil und vor allem über die Firma Glock am internationalen Waffenhandel partizipiert. Damit gehen Fragen der Verantwortung einher.