Roter Teppich für "Angelo": Der zweite Spielfilm des Wiener Regisseurs Markus Schleinzer ist bei seiner Weltpremiere im Rahmen des 43. Toronto International Film Festival (TIFF) bei der Kritik gut angekommen. Der 46-jährige Filmemacher nimmt in seinem Werk die Biografie des einstigen "Hofmohren" Angelo Soliman als Ausgangspunkt für ein Essay über Identität und Zuschreibung.

Nach der Premiere am gestrigen Nachmittag (Ortszeit) steht für den von der Wiener Novotny & Novotny und Amour fou koproduzierten "Angelo" dann Ende des Monats die Europapremiere an. Im Wettbewerb des Festivals von San Sebastian rittert das Werk mit um die Goldene Muschel.

In drei Kapiteln hat Schleinzer ein philosophisches Essay entworfen, das mit einem konventionellen Biopic nur wenig gemein hat. Zum Auftakt steht das Anladen versklavter schwarzafrikanischer Buben an einer Küste des Okzidents - der Beginn einer zwangsweisen Europäisierung des namenlosen Burschen, der alsbald von einer Marquis (Alba Rohrwacher) zum Studienobjekt auserkoren wird. Die Adelige lässt ihre Errungenschaft im westlichen Stile erziehen und auf den Namen Angelo taufen.

Über das Menschsein

Diesem Kapitel schließt sich das Leben des erwachsenen Angelo (Makita Samba) an, der sich beim Prinzen (Michael Rotschopf) als Unterhalter verdingt und dem Kaiser (Lukas Miko) als Konversationspartner dient. Als Angelo das erste Mal sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt und ohne das Wissen seines Herrn Magdalena (Larisa Faber) heiratet, zerfällt seine bisherige Existenz. Als Strafe wird Angelo in die Freiheit gestoßen, entlassen.

Schleinzer beschließt seinen Erzählungsstrang mit dem Blick auf das Ende des gealterten Angelo, der letztlich ausgestopft im Museum als naturkundliches Objekt endet. Der Bogen schließt sich wieder, das Menschsein wieder negiert.

Und doch setzt Schleinzer bei seinem zweiten Spielfilm nach "Michael" weniger auf Narration denn Impression. Tableaus der Einsamkeit rahmen wie Installationen den Exkurs über das Anderssein, die Isolation in einer Gesellschaft. Optisch erinnert der Film an Rembrandt-Gemälde oder einen frühen Waldmüller (Kamera: Gerald Kerkletz). An gezielt gesetzten Stellen bricht Schleinzer, der auch für das Drehbuch mitverantwortlich zeichnete, die Historienerzählung zugleich und referiert auf die Gegenwart. Eine Mischung, die in Toronto offensichtlich gefiel: "Markus Schleinzers äußerst eigenständig zweiter Spielfilm ist auf seine Weise ebenso unbehaglich wie sein Debüt 'Michael' aus dem Jahr 2011", heißt es in der Kritik auf Screendaily.com, wo auch die "Eleganz dieses Films" gewürdigt wird, "der sich zu einem wahrhaft fesselnden Arthouse-Must-Watch erhebt".