"Ich war selber überrascht, aber tatsächlich sind wir die Ersten, die eine Ballettproduktion über Rudolf Nurejew machen", erzählt Guido Markowitz. Der gebürtige Villacher ist mittlerweile in der achten Saison Ballettdirektor am Stadttheater Pforzheim, für das er gerade gemeinsam mit Damian Gmür ein Stück über die Ballettlegende geschaffen hat: "Er ist jener Tänzer, dessen Name sogar junge Menschen noch kennen. Was aber nicht alle wissen: Nurejew war Österreicher, er hat 1982 die Staatsbürgerschaft angenommen."
Höchste Zeit also, den Ausnahmetänzer auch hierzulande zu würdigen: Villach zeigt am Sonntag, den 23. Oktober, die Produktion "Nurejew" als Gastspiel. "Es ist für mich immer ein besonderes Erlebnis, in meiner Heimat zu sein", freut sich der 53-Jährige, der seine ersten Tanzschritte in der Ballettschule Zechner in Villach machte. Nach der Ausbildung an der renommierten Iwanson International School of Dance in München tanzte er an der Bayerischen Staatsoper München, am Staatstheater Darmstadt und dem Schauspielhaus Bochum.
Dass Männer im Ballett den Frauen gleichgestellt wurden, hat übrigens auch viel mit Rudolf Nurejew zu tun: "„Bevor er kam, war der männliche Tänzer eher im Hintergrund als Statist, aber Nurejew schaffte es mit seinem Charisma, dass die Männer als gleichwertige Partner neben den Ballerinas anerkannt wurden."
Markowitz hat das Ballett aber mittlerweile aufgegeben: "Mein Körper hat irgendwann 'Nein' gesagt", erzählt er: "Außerdem habe ich immer schon gerne choreografiert, und zwar in allen Bereichen vom Musical über die Operette bis zum klassischen Ballett. Dabei habe ich sehr viel gelernt."
Dass das Stadttheater Pforzheim mit Markus Hertel gerade einen neuen Intendanten bekommen hat, der - ebenso wie Verwaltungsdirektor Uwe Düringen - den Tanz sehr schätzt, ist ein großes Glück: "Wir machen nun drei Produktionen pro Saison, mit denen wir auch auf Tournee gehen", erzählt Markowitz: "Das Theater Pforzheim ist ein Drei-Sparten-Haus mit fixen Ensembles und die Landesregierung von Baden-Württemberg möchte, dass wir nicht nur das Haus, sondern auch die Region bespielen und zeigen, was wir können und haben." Außerdem mag Markowitz ungewöhnliche Orte, er hat schon Schwimmbäder bespielt oder auch Museen. Deshalb denke man "bei Bühnenbildern gleich mit, dass sie flexibel an andere Örtlichkeiten angepasst werden müssen". Davon profitiert nun auch Villach.
Der Kärntner sorgt aber auch als Vorstandsmitglied im "Dachverband Tanz Deutschland" dafür, dass der Tanz eine starke Stimme hat – immerhin sind in dem Verband bundesweit Ensembles, Tanzhäuser, Tanzhochschulen oder Festivals organisiert. "Es ist mir wichtig, dass wir uns für alle Formen starkmachen, egal ob klassisches Ballett oder Urban Dance", so Markowitz. Während der Lockdowns, in denen seine Kompanie lernen musste, "virtuell zu arbeiten", wurde auch die Idee zum Projekt "Tanz digital" geboren: Dabei werden Arbeiten mit Bodycams, 3D-Aufnahmetechniken oder Streaming-Angeboten entwickelt: "Wir hoffen, damit junges Publikum ansprechen zu können. Aber die Energie zwischen Bühne und Besuchern, das sinnliche Erleben der Geräusche, der Schweiß auf der Haut der Tänzer – all das gibt es nur beim Liveerlebnis, das können digitale Formen nicht ersetzen."
Überprüfen kann man das am Sonntagabend in Villach. Überhaupt würde Guido Markowitz gerne mehr in Kärnten arbeiten: "Ich finde, das Publikum ist hier sehr aufgeschlossen. Ich denke, man könnte in diesem Bereich einiges bewegen, vor allem, wenn man den Alpen-Adria-Raum mitdenkt." Außerdem zieht es ihn immer öfter zurück in die Heimat: "Im Sommer war ich sehr viel in Villach und habe das richtig genossen. Ich bin und bleibe ein leidenschaftlicher Kärntner."