Die „Bambi-Gala“ in München muss wegen der Corona-Pandemie zum zweiten Mal entfallen – nicht aber die Ausstellung „Im Schatten von Bambi“ im Wien-Museum, die sich Bambis „Papa“ Felix Salten widmet, einem der großen Wiener Schriftsteller, Publizisten und Influencer im Kreis um Schnitzler, Hofmannsthal, Hermann Bahr und – seinem Feind – Karl Kraus. Da kann man nicht nur erfahren, dass Salten hartnäckigen Gerüchten zum Trotz höchstwahrscheinlich nicht Autor des Romans über die Sexarbeiterin Josefine Mutzenbacher ist, sondern auch, dass Bambis Vater, engagierter Tierschützer, leider auch passionierter Jäger war! Alarm! Achtung, Achtung, Bambi, Papa könnte dich killen!
In einem Brief bekennt Salten, niemals „vor einem erlegten Hirschen, Rehbock oder Keiler gestanden“ zu sein, „ohne dass sich mir in das Gefühl jägerischer Freude tiefes Erschüttertsein gemengt hätte.“ Diese Mischung von Lustmord und gleichzeitigem Erschüttertsein des Lustmörders über sich selbst kann ich einfach nicht nachvollziehen (heißt es nicht schon bei Nestroy: „‘s gibt nix Dümm‘res als die Jagd“?), es sei denn, man wendet das Freud‘sche Persönlichkeitsmodell auf ihn an: Das Tierschützerjäger-Es spuckt in sein Kinderbuch-Über-Ich hinein…

Als Radfahrer in Südtirol und Kärnten

Wenn Felix Salten nicht gerade Tiergeschichten schrieb, besuchte er gern Adele, die Witwe nach Johann Strauss, in ihrem Sommerdomizil in Pörtschach, oder er traf sich mit seinem Intimus Arthur Schnitzler im Südtiroler Kurort Toblach zum „Bicyceln“, wie das Wiener Bürgertum das Radfahren um 1900 nannte. Sein Rad hatte sich Salten mit der Bahn nachschicken lassen – und wurde beim Transport arg in Mitleidenschaft gezogen: Die Glocke abgeschraubt, ein Pedal verbogen… Trotzdem machten sich Arthur und Felix auf die rasante Bergabfahrt auf der verwilderten, staubigen Schotterstraße von Toblach nach Lienz und weiter nach Villach und Klagenfurt. Dort aber waren die Fahrräder der Meister endgültig kaputt und „eine professionelle Reparatur“ war unausweichlich. Vielleicht wanderten sie während der Reparatur genau wie ich letzte Woche übers Kreuzbergl: Da sah ich hundert Jahre nach Salten zum ersten Mal in meinem Leben einen jungen Hirsch in Freiheit: Es war ein grandioser Augenblick, als wir uns in die Augen blickten! Seither weiß ich es mit absoluter Sicherheit: Mir fehlen jeder Jagdinstinkt und jede Tötungslust. Und sie fehlen mir nicht! Es lebe Bruder Bambi!