"Jetzt sind wir Kärntner SlowenInnen museumsreif. Die Assimilation ist gelungen. Unsere Sprache ist verstummt“, steht reichlich desillusioniert neben einem Porträt der Rosentalerin Rozalija Sticker. Es ist eine Aussage, der Arthur Ottowitz nur allzu gerne widerspricht. „Gerade an Fotos wie diesem sieht man die Lebendigkeit und Vielfalt der Volksgruppe – und dass es weitergeht“, ist der Leiter des Werner Berg Museums überzeugt. Gemeinsam mit Kurator Harald Scheicher hat er für die neue Ausstellungssaison ein großartiges Projekt des Kärntner Fotografen Karlheinz Fessl nach Bleiburg geholt und dieses zu Werken des Hausherrn in Beziehung gesetzt.

Museumschef Arthur Ottowitz vor Werken von Werner Berg und Karlheinz Fessl
Museumschef Arthur Ottowitz vor Werken von Werner Berg und Karlheinz Fessl © Hirtenfelder

2013 hatte Fessl damit begonnen, Angehörige der Kärntner Volksgruppe zu interviewen und mit seiner Kamera abzulichten. Herausgekommen ist ein vielschichtiger Bildband, der im Jubiläumsjahr 2020 unter dem Titel „doma/daheim“ bei Hermagoras erschienen ist. Waren es für das Vorgängerprojekt „Colours of Carinthia“ noch 50 Migranten aus 50 Ländern, die Fessl gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Brandstätter vor den Vorhang holte, so waren es diesmal „Fremde im eigenen Land“ – wie sich Angehörige der Volksgruppe zuweilen bis heute fühlen.
Ausgehend von der Erkenntnis, „dass Barrieren zu Fall gebracht werden können, wenn man konkrete Lebensgeschichten und Schicksale hört, liest und sieht“, hat Fessl insgesamt 45 Menschenbilder zusammengetragen – von der eingangs genannten Physiotherapeutin aus dem Rosental bis hin zu Künstlern wie Janez Gregorič oder der jüngst so erfolgreichen Biathletin Dunja Zdouc. Sie alle sind in der Ausstellung beredte Botschafter ihrer Sprachgemeinschaft und teilweise (über QR-Codes) auch in Videos präsent. Nur einer der Porträtierten tanzt etwas aus der Reihe. Man findet ihn gleich zu Beginn des Rundgangs zwischen Ölgemälden vom Rutarhof. Es ist der im November 2019 verstorbene Hoferbe Veit Berg, den Fessl vor einer imposanten Drau-Kulisse in Szene setzte. Neben dem Foto und einem Bildnis aus Kindertagen steht sein Bekenntnis: „Obwohl ich kein gebürtiger Kärntner Slowene bin, habe ich mich verliebt in die Menschen, die Sprache und vor allem in die Lieder der Gegend.“

Werner-Berg-Gemälde "Darnieder am Morgen" (1973)
Werner-Berg-Gemälde "Darnieder am Morgen" (1973) © Museum

Die Exotik des Südens

Ähnlich hatte sein Vater Werner Berg empfunden, als er aus dem deutschen Wuppertal erstmals in den österreichischen Süden kam. Während ein Paul Gauguin nach Tahiti reiste, um dort dem einfachen, ursprünglichen Leben nachzuspüren, fand es der gelernte Staatswissenschaftler ab 1931 zu Füßen der Karawanken. Seine Begeisterung für die Südkärntner Landschaft und deren exotischen Menschenschlag hat Berg bis zu seinem Tod 1981 in Tausenden Ölgemälden, Holzschnitten und Skizzen dokumentiert. Rund 400 davon sind ab heute in Bleiburg zu sehen.
„Bis auf den Altar ist kein einziges Bild gegenüber dem Vorjahr gleich geblieben, zirka 40 sind überhaupt noch nie öffentlich gezeigt worden“, schwärmt Arthur Ottowitz von der runderneuerten Ausstellung. Harald Scheicher hat darin die Bilder seines Großvaters mit Fessls Fotografien in Resonanz treten lassen und zuweilen verblüffende Entsprechungen gefunden. So hängen neben dem Porträt von Tainach-Rektor Jože Kopeinig einige Berg-Gemälde mit geselligen Priestern, bunte Jagdszenen neben einer auf der Pirsch befindlichen Jägerin aus Maria Elend oder Kopftuchfrauen an der Seite der ebenfalls verhüllten Schauspielerin Katarina Hartmann. Auch einem heutigen Rutarhof-Nachbarn namens Marko Marko (sic!) kann man in der Ausstellung begegnen, ebenso wie dem Bildnis eines müden Zechers, dem Werner Berg den treffenden Titel „Darnieder am Morgen“ gab.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung © Museum

Interkulturelle Installation

Das Wechselverhältnis von Bild und Schrift ist auch Thema im Skulpturengarten des Museums. Seine schon im Vorjahr gezeigten „Sprachbilder“ hat Werner Hofmeister durch eine interkulturelle Installation (Titel: „Zweisprachig“) ergänzt. Ausgehend von einem Holzschnitt von Werner Berg ergänzte er ein anonymes „Kopftuchweibel“ mit individuellen Symbolen und Buchstaben, die Eigenes und Fremdes miteinander verbinden, etwa das deutsche „JA“ oder „DU“ mit dem slowenischen „DA“ oder „TI“.

Ein Teil von Werner Hofmeisters Installation "Zweisprachig"
Ein Teil von Werner Hofmeisters Installation "Zweisprachig" © KK

„Mit der Sprache sind wir oder sind wir nicht, mit der Sprache werden wir oder werden wir nicht sein“, lautet ein Satz des Kärntner Schriftstellers Florjan Lipuš, der das Stiegenhaus des Museums ziert. „Mit Bildern werden wir oder werden wir nicht“, möchte man dem hinzufügen. Der Maler Werner Berg und der Fotograf Karlheinz Fessl sind dafür die besten  Zeugen.