Die ersten Bilder von Wolfgang Hollegha sah ich als Mittelschüler. 1967 im Forum Stadtpark. Die erste große Personale des Kärntners in Graz. Der schon damals, mit 38, „der Hollegha“ war. Ein Künstler, der seit Anfang der 1950er-Jahre auf sich aufmerksam gemacht hatte. Als Mitglied der Hundsgruppe, der solch unterschiedliche Kunst-Charaktere angehörten wie die späteren Wiener fantastischen Realisten Arik Brauer, Anton Lehmden und Ernst Fuchs. Als Viertel der Malergruppe St. Stephan. Die anderen Viertel hießen Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer. Ein Maler, der schon in ganz Europa ausgestellt hatte. Und, ja, sogar in Amerika.

Verzicht auf die Weltkarriere

1958 wurde Hollegha ein Guggenheim International Award des New Yorker Museums zugesprochen. Als damals jüngstem Preisträger, weitere Prämierte waren Mark Rothko und Alberto Giacometti. Ausstellungen und Preise in den USA folgten, 1964 war der Künstler Teilnehmer der documenta III in Kassel. Eine Weltkarriere tat sich auf. Hollegha zog in die Steiermark, wo er aufgewachsen war. Auf dem Rechberg kaufte er ein ehemaliges Gasthaus und baute sich hoch aufragende Atelierhäuser aus enormen Baumstämmen. Hier und in Nordspanien lebt und arbeitet er nach wie vor.

Wolfgang Hollegha kehrte in die Steiermark zurück, um 1965 zu erleben, dass die Jury des Landeskunstpreises (damals noch Joanneum-Kunstpreis) weder seine Einreichung noch die Werke von Rudolf Pointner, Elga Maly, Gottfried Fabian, Hans Bischoffshausen, Richard Kriesche, Jorrit Tornquist, Peter Pongratz und vieler anderer für des Preises würdig hielt.

Hollegha legt Wert darauf, kein abstrakter Künstler zu sein. Seine Bilder haben aber stets mit konkreten Realitäten und Realien zu tun. Mit einem Korb. Mit einer Puppe. Mit einem Trog. Mit einer Zottelhaube. Mit einem Topf. Und immer wieder mit Holz. Bäumen. Stämmen. Ästen. Ästchen. Rinde. Wurzeln. „Die Natur ist innen“ lautete vor einigen Jahren der Titel einer Hollegha-Retrospektive in der Neuen Galerie Graz. Die Behauptung stammt von Paul Cézanne, dessen Erklärung, was ihn an der Natur so fasziniere, gut zu Hollegha passt: „ihre unendliche Vielfalt“.

Langwieriger Arbeitsprozess

Die Zeichnungen, die Holleghas Gemälden vorausgehen, aber nicht nur Skizzen sind, legen (methodisch wiederum der Grafik Cézannes verwandt) Strukturen frei. Mit Kraft, die manchmal das Papier verletzt, wiederholt der Zeichner eine Linie. Die Gabelung eines Asts, die Windungen eines Flechtwerks, die Modellierung eines Puppenkopfs. Das kann lange dauern, sehr lange. Holleghas Kinder erzählen, dass vom Vater als Motiv erkorenes Spielzeug in Phasen künstlerischer Schöpfung für sie absolut tabu war.

Die Malerei des morgen 90-Jährigen (meist im erwähnten archaischen Atelier) ist ein fast alchimistischer Prozess. Action Painting (meist zu Musik, bevorzugt Bach) als Meditation, in deren Verlauf das verinnerlichte Motiv eine geheimnisvolle Veränderung erfährt. Schade, dass Andrea Schurians diesen Prozess wunderbar anschaubar machendes Filmporträt „Der Komponist der Bewegung“ (2004) weder auf DVD noch im Internet greifbar ist. Der ORF sollte es aus gegebenem Anlass wieder einmal ausstrahlen.